Anleihemärkte: Globale Zinswende!
Schwellenländer-Anleihen verzeichnen Rekordzuflüsse, während Japans Notenbank die Normalisierung ihrer Geldpolitik verlangsamt. Experten sehen Chancen, warnen aber vor Risiken.

- Schwellenländer-Anleihen mit zweistelligen Renditen
- Bank of Japan bremst Bilanzreduktion aus
- US-Dollar-Schwäche begünstigt Lokalwährungsanleihen
- Geopolitische Risiken belasten die Märkte
Die globalen Finanzmärkte stehen an einem Wendepunkt. Während der US-Dollar nach Jahren der Dominanz Schwäche zeigt, erwacht eine lang vernachlässigte Anlageklasse zu neuem Leben: Anleihen aus Schwellenländern in Lokalwährung. Gleichzeitig ringt die Bank of Japan mit den Tücken einer geldpolitischen Normalisierung inmitten globaler Unsicherheiten. Für Anleger beginnt eine nervenaufreibende Jagd nach Rendite in einem zunehmend komplexen Umfeld. Doch was bedeutet diese globale Zinswende konkret für Ihr Portfolio?
Der Dollar wankt: Schwellenländer-Anleihen vor Comeback?
Ein schwächelnder US-Dollar und die zunehmenden Zweifel am jahrelangen Narrativ des "amerikanischen Exzeptionalismus" – bei dem Investoren Gelder vornehmlich in den boomenden USA parkten – zwingen internationale Anleger, sich anderweitig nach attraktiveren Renditen umzusehen. Erst vergangene Woche fiel der Greenback auf den tiefsten Stand seit über drei Jahren. Diese Entwicklung könnte eine mehr als zehnjährige Durststrecke für Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern beenden.
Sollten Anleger sofort verkaufen? Oder lohnt sich doch der Einstieg bei Nvidia?
"Viele der großen Schwellenländer berichten uns von ausländischen Käufen ihrer Schuldtitel, und das nimmt in einigen Ländern langsam Fahrt auf", bemerkt Jonny Goulden, Leiter der Schwellenländer-Anleihestrategie bei JPMorgan. "Dies könnte ein potenzieller Wendepunkt sein." Tatsächlich verzeichneten Fonds für Schwellenländer-Lokalwährungsanleihen laut EPFR-Daten in der Woche bis zum vergangenen Mittwoch die achten wöchentlichen Zuflüsse in Folge – ein neuer Rekord. Seit Jahresbeginn haben diese Papiere laut JPMorgan-Indizes bereits Renditen von über 10% erzielt, mehr als doppelt so viel wie ihre Pendants in Hartwährung (rund 4%).
Die Gründe für dieses wiedererwachte Interesse sind vielfältig. "Der Dollar wird deutlich schwächer werden. Anleiherenditen oder Zinssätze werden fallen – daher gibt es eine Suche nach Rendite", erklärt Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management. Er sieht Schwellenländeranleihen als einen der Hauptprofiteure dieser Dynamik. David Hauner von der Bank of America pflichtet ihm bei: Nach Jahren eines Dollar-Bullenmarktes seien die Allokationen in Schwellenmärkte "absolut am Tiefpunkt" und hätten viel Raum nach oben. "Diese Anlageklasse wurde lange Zeit komplett vernachlässigt, und jetzt müssen die Leute diversifizieren." Er erwartet für Lokalwährungsanleihen bis Jahresende zweistellige Renditen in Dollar-Terms. Obwohl die jüngsten Zuflüsse noch bescheiden sind – Hauner spricht eher von einem "Tröpfeln" als einer Flut – können selbst kleine Verschiebungen angesichts der geringeren Größe des EM-Anlagemarktes einen überproportionalen Einfluss haben. "Wenn man 1% aus den USA abzieht, entspricht das praktisch 20% in den Schwellenländern", so Hauner. Die Tatsache, dass die meisten Zentralbanken der Schwellenländer tendenziell die Zinsen senken, während die Maßnahmen der US-Notenbank Federal Reserve unklarer bleiben, verstärkt diesen Trend zusätzlich. Phoenix Kalen, globale Leiterin der Schwellenländerforschung bei Societe Generale, spricht gar von einem "seltenen Goldilocks-Moment für lokale Vermögenswerte", die einen "überzeugenden Wert" böten, etwa auf den Philippinen, in Tschechien, Ungarn, Südafrika, der Türkei, Brasilien und Kolumbien.
Dennoch bleiben Risiken wie potenzielle US-Zölle oder geopolitische Konflikte bestehen und dämpfen manchen Enthusiasmus.
Japans Notenbank: Zähes Ringen um die globale Zinswende
Während die Schwellenländer von der globalen Zinswende zu profitieren scheinen, gestaltet sich die Lage in Japan deutlich komplexer. Die Bank of Japan (BOJ) hat auf ihrer heutigen Sitzung die Zinsen erwartungsgemäß bei 0,5% belassen. Allerdings signalisierte sie eine vorsichtige Gangart bei der Normalisierung ihrer ultralockeren Geldpolitik: Die Reduzierung ihrer Anleihekäufe, das sogenannte Quantitative Tightening (QT), soll ab dem Fiskaljahr 2026 verlangsamt werden. Konkret plant die BOJ, ihre monatlichen Anleihekäufe dann nur noch um 200 Milliarden Yen pro Quartal zu drosseln, statt wie bisher geplant um 400 Milliarden Yen. Bis März 2027 sollen die monatlichen Käufe so auf rund 2 Billionen Yen sinken.
Diese Entscheidung kommt nicht von ungefähr. Der Markt für japanische Staatsanleihen (JGBs) zeigte sich zuletzt äußerst nervös. Insbesondere super-langlaufende JGBs erlebten im Vormonat Mai einen Ausverkauf, der die Renditen auf Rekordhöhen trieb. Eine Auktion 20-jähriger JGBs im Mai stieß auf die schwächste Nachfrage seit 1987. Die Ursachen sind vielschichtig: Investoren zeigten sich weltweit besorgt über steigende Haushaltsdefizite, doch in Japan kommen spezifische Probleme hinzu. Traditionelle Käufer wie Lebensversicherer haben ihren Bedarf an langlaufenden Papieren weitgehend gedeckt und schichten nun in renditestärkere Anlagen um. Zudem sorgen geplante Konjunkturpakete der Regierung vor den Oberhauswahlen im Juli für zusätzliche Unsicherheit. Die Staatsverschuldung Japans ist mit rund 250% des Bruttoinlandsprodukts die höchste der entwickelten Welt, auch wenn etwa 90% der Schulden von Inländern gehalten werden, was das Land weniger anfällig für Attacken von "Bond-Vigilanten" macht.
Die heutige Entscheidung der BOJ, das Tempo der Bilanzreduktion zu verlangsamen, wird von Analysten als "marktfreundlich" interpretiert. "Es scheint, dass die Bank die Marktstabilität während des Normalisierungsprozesses ihrer Bilanz priorisiert", kommentierte Norihiro Yamaguchi von Oxford Economics. Ein Übergreifen der Volatilität von langen auf kurze Laufzeiten könnte die Realwirtschaft und die Staatsfinanzen gefährden. BOJ-Gouverneur Kazuo Ueda räumte ein, dass die Nachfrage nach super-langen Anleihen gesunken sei und die Volatilität dort auch kürzere Laufzeiten beeinflussen könne. Das Finanzministerium plant bereits, die Emission sehr langlaufender Anleihen zu kürzen und erwägt Rückkäufe. Eine weitere Auktion 20-jähriger JGBs am 24. Juni wird als nächster wichtiger Test für die Nachfrage gelten.
Die BOJ steht jedoch unter Druck. "Unserer Ansicht nach muss die BOJ normalisieren, weil die Inflation hartnäckig über dem 2%-Ziel der BOJ zu liegen scheint", so Khoon Goh, Leiter der Asien-Forschung bei ANZ. Die Kerninflation in Japan erreichte im April mit 3,5% den höchsten Stand seit über zwei Jahren. Ein schwacher Yen und die jüngst wieder gestiegenen Ölpreise infolge geopolitischer Unsicherheiten könnten den Preisdruck kurzfristig weiter erhöhen.
Nebel des Unheils: Globale Risiken überschatten die Märkte
Die geldpolitischen Manöver finden vor einem unsicheren globalen Hintergrund statt. Die Hoffnung auf eine schnelle Lösung im Konflikt zwischen Israel und dem Iran zerschlug sich zuletzt, nachdem beide Seiten erneut Angriffe ausführten. Dies führte zu Risk-Off-Bewegungen an den Märkten und ließ die Ölpreise springen. Europäische Märkte dürften heute tiefrot eröffnen. Der US-Dollar konnte in diesem Umfeld kurzfristig wieder seine Rolle als sicherer Hafen behaupten.
Hinzu kommen Handelskonflikte. Die USA und Japan konnten zwar am Montag Handelsgespräche vorantreiben, ein Durchbruch zur Abwendung von US-Zöllen, die Japans exportlastige Wirtschaft bedrohen, blieb jedoch aus. Auch Thailand versucht, durch ein diese Woche an die USA zu übermittelndes Handelsangebot drohende Zölle abzuwenden. Die BOJ selbst nannte in ihrer heutigen Erklärung die Entwicklung der Handelspolitik und die Reaktion der Weltwirtschaft darauf als erhebliche Unsicherheitsfaktoren.
Für Anleger bedeutet dies ein schwieriges Navigieren. Die Suche nach Rendite in Schwellenländern birgt Chancen, ist aber mit Risiken behaftet. Die Normalisierung der Geldpolitik in großen Wirtschaftsräumen wie Japan verläuft schleppend und unterliegt erheblichen Unsicherheiten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zentralbanken in diesem Spannungsfeld positionieren und welche Anlageklassen am Ende tatsächlich profitieren werden. Das dürfte spannend bleiben.
Nvidia-Aktie: Kaufen oder verkaufen?! Neue Nvidia-Analyse vom 17. Juni liefert die Antwort:
Die neusten Nvidia-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Nvidia-Aktionäre. Lohnt sich ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen? In der aktuellen Gratis-Analyse vom 17. Juni erfahren Sie was jetzt zu tun ist.
Nvidia: Kaufen oder verkaufen? Hier weiterlesen...