Gerresheimer Aktie: Bilanz unter Druck
Der Pharmaverpacker passt Umsätze aus Bill-and-Hold-Geschäften an und stellt diese Praxis ein. Die Korrekturen belasten Umsatz und Ergebnis moderat, Analysten bleiben gespalten.

- Bilanzkorrektur nach BaFin-Prüfung zu Umsatzbuchungen
- Ende der umstrittenen Bill-and-Hold-Praxis
- Umsatz und Ergebnis für 2024 sinken leicht
- Aktie notiert deutlich unter Jahreshoch
Gerresheimer muss seine Zahlen für 2024 nachträglich anpassen – und beendet eine umstrittene Bilanzierungspraxis gleich komplett. Auslöser ist eine BaFin-Prüfung zu sogenannten Bill-and-Hold-Geschäften, bei denen Umsätze zu früh gebucht wurden. Wie stark trifft das den SDAX-Wert, der ohnehin schon ein schwaches Börsenjahr hinter sich hat?
Bilanzkorrektur nach BaFin-Prüfung
Der Verpackungsspezialist für die Pharma- und Healthcare-Industrie korrigiert sämtliche Umsätze aus Bill-and-Hold-Vereinbarungen, die im Konzernabschluss 2024 erfasst wurden. Eine externe Anwaltskanzlei hatte zuvor systematische Verstöße gegen IFRS-Vorschriften zur Umsatzrealisierung festgestellt.
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Kern des Problems: Waren wurden fakturiert und als Umsatz verbucht, obwohl die Kontrolle noch nicht auf den Kunden übergegangen war. Die BaFin hatte dazu bereits im September 2025 Hinweise identifiziert und den Abschluss 2024 genauer unter die Lupe genommen.
Die wesentlichen Korrekturen im Überblick:
- Verschiebung von rund 28 Mio. Euro Umsatz aus 2024 in das Geschäftsjahr 2025
- Gegenläufige Umbuchung von 10 Mio. Euro Umsatz aus 2023 in 2024
- Reduktion des 2024er Umsatzes um etwa 1 % auf 2,036 Mrd. Euro
- Rückgang des bereinigten EBITDA 2024 um rund 1 % auf 419,4 Mio. Euro
- Rückgang des bereinigten EPS 2024 um ca. 2 % auf 4,67 Euro
- Weitere 4 Mio. Euro werden von H1 2025 nach H1 2026 verschoben
Die Anpassungen sind damit eher kosmetischer Natur, betreffen aber zentrale Kennzahlen wie Umsatz, Ergebnis und Gewinn je Aktie. Sie fließen in den Konzernabschluss 2025 ein, indem die Vorjahreswerte entsprechend angepasst werden.
Ende der Bill-and-Hold-Praxis
Aus den Untersuchungsergebnissen zieht das Management eine klare Konsequenz: Neue Bill-and-Hold-Vereinbarungen werden in Zukunft nicht mehr als Umsatz erfasst. Die bisherige Praxis wird vollständig beendet.
Bill-and-Hold-Modelle sind in der Industrie zwar verbreitet, weil sie Kunden flexible Abrufe ermöglichen und Unternehmen Planungssicherheit geben. Gleichzeitig gelten sie als bilanzielle Grauzone, da der genaue Zeitpunkt der Umsatzrealisierung streng geregelt ist. Die jetzt offengelegten Verstöße zeigen, wie schnell hier die Grenze zu IFRS-Verstößen überschritten werden kann.
Gerresheimer betont, bei der laufenden BaFin-Prüfung des Konzernabschlusses und Konzernlageberichts 2024 umfassend zu kooperieren. Ziel ist es, den Abschluss rechtssicher zu machen und Vertrauen in die Berichtserstattung zurückzugewinnen.
Veränderungen im Aufsichtsrat
Parallel zur Bilanzthematik wandelt sich auch die Besetzung im Kontrollgremium. Bereits im November 2025 wurde Klaus Röhrig, Mitgründer und Co-CIO der Active Ownership Group, bis zur Hauptversammlung im Juni 2026 in den Aufsichtsrat berufen.
Er folgt auf Dr. Dorothea Wenzel, die ihr Mandat niederlegte, um die veränderte Aktionärsstruktur im Gremium abzubilden. Mit einem institutionellen Anteil von rund 55 % und Goldman Sachs als größtem Einzelaktionär mit 8,9 % bleibt der Einfluss professioneller Investoren auf die strategische Ausrichtung hoch.
Analysten gespalten, Aktie schwach
An der Börse hat das Papier schon vor der Bilanzkorrektur ein hartes Jahr hinter sich. Auf Jahressicht liegt die Aktie mit rund 61 % im Minus, der Abstand zum 52‑Wochen-Hoch von 82 Euro beträgt gut 67 %. Mit einem aktuellen Kurs von 27,04 Euro notiert der Titel zwar etwa 15 % über seinem jüngsten 52‑Wochen-Tief, bleibt aber deutlich unter den langfristigen Durchschnittskursen. Der 200‑Tage-Durchschnitt ist mehr als ein Drittel entfernt, der RSI von 17,7 signalisiert einen stark überverkauften Zustand.
Die Einschätzungen der Analysten gehen auseinander:
- Jefferies bestätigt trotz der Korrekturen die Kaufempfehlung und ein Kursziel von 34,10 Euro. Die Anpassungen werden dort als überschaubar eingestuft.
- Die DZ Bank bleibt hingegen bei „Verkaufen“ und hat ihren fairen Wert zuletzt gesenkt.
Diese Differenz zeigt, wie unterschiedlich die Risiken eingeschätzt werden – einerseits formale Bilanzverstöße mit begrenztem Ergebniseffekt, andererseits ein stark gefallener Kurs in einem von institutionellen Anlegern dominierten Aktionariat.
Fazit: Vertrauensfrage nach formaler Korrektur
Operativ fallen die Auswirkungen der Bilanzkorrektur mit 1–2 % auf Umsatz und Ergebnis moderat aus, der eigentliche Knackpunkt liegt in der Glaubwürdigkeit der Finanzberichterstattung. Mit dem Ausstieg aus Bill-and-Hold-Umsätzen, der engen Kooperation mit der BaFin und einem sich wandelnden Aufsichtsrat setzt das Unternehmen gezielt Signale zur Stabilisierung. Entscheidend wird nun sein, dass die kommenden Abschlüsse 2025 und H1 2026 ohne weitere Korrekturen auskommen und damit den begonnenen Vertrauensaufbau stützen.
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