Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit E.ON, TUI, Tencent, Tesla, Brinker Int., Eastman Kodak und Moderna
Guten Abend,
der Wahlkampf in den USA hat ein weiteres Gesicht: Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornien. Sie soll als Vizepräsidentin neben Joe Biden ins Weiße Haus einziehen. Was für uns Deutsche nicht ersichtlich ist, ist der Umstand, dass Harris eben jene Wählergruppen anspricht, welche ein Biden eher auf Umwegen erreicht. Noch wichtiger: Die Wall Street findet das gut!
Als schwarze und indisch-amerikanische Frau, die von ihren beiden Eltern mit Migrationshintergrund westlich des Mississippi aufgezogen wurde, schwingen in Harris‘ Hintergrund und ihrer Biografie Elemente mit, die seitens großer Teile der Bevölkerung gutgeheißen werden – und die sich nicht so leicht mit Biden als Sohn irischer Katholiken identifizieren können. Harris wird die erste schwarze Frau sein, die jemals bei den allgemeinen Wahlen einer großen Partei zum Präsidenten erscheint. Sie ist auch die erste schwarze Person, die als Vizepräsidentschaftskandidatin einer großen Partei ausgewählt wurde.
Die Reaktion an der Wall Street: Zahlreiche Finanzmanager sind zuversichtlich, dass dieses Kandidatenpaar das Zeug zum Sturz von Donald hat und schwärmen von ihrer Erfahrung. Als sie letztes Jahr als Präsidentschaftskandidatin antrat, erhielt Harris Beiträge von Führungskräften aus einer Vielzahl von Branchen, darunter Film, Fernsehen, Immobilien und Finanzen. Ihre Kampagne endete immerhin mit fast 40 Millionen Dollar in der Kasse.
Klare Sache: Aus Sicht von Donald ist sie eine Betrügerin, die nichts anderes im Kopf hat, als Chinesisch zur Zweitsprache der USA machen zu wollen. Und diese Reaktion ist genau das, was Biden auch erwartet hatte. Es ist nämlich eine Falle. Die amerikanischen Wählerinnen hassen Trump oder sind indifferent. Wenn Donald nun aber auf die Frau einschlägt, und das wird er tun, dann wird er diese Wählerinnen verlieren und Biden helfen. Donald also dort packen, wo er am leichtesten zu packen ist. Tricky, tricky, Herr Biden!
Das wird ein ziemlich spannender Herbst, das kann ich euch sagen!
Die Lage auf einen Blick:
DAX: Das Momentum und die Stimmung sollten ausreichen, um die Kurse weiter durch die Woche zu tragen. Da Gold korrigiert, entsteht hier auch ein wenig Wechselwirkung, aber das ist nicht viel. Wichtiger ist festzustellen, dass die steigenden Infektionszahlen keinen Effekt bzw. keine Auswirkung haben. Wie auch. 1.400 Infektionen pro Tag sind 0,000017% der Bevölkerung. Oder habe ich mich jetzt mit den Nullen vertan?
Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq: Donald macht etwas Stimmung im Markt. Gestern verkündete er, dass die US-Regierung 100 Millionen Portionen des experimentellen Coronavirus-Impfstoffs von Moderna kaufen wird, welcher sich derzeit in späten Studien am Menschen befindet. Die Moderna-Aktie legte daher um mehr als 7% zu. Die ganzen Impfhoffnungen stützen auch die Kurse der Kreuzfahrtunternehmen und Fluggesellschaften, meine geliebten Turnaround-Kandidaten, welche aber noch zu turnen haben.
Heute auf der Agenda:
E.ON – alles halb so schlimm. Mit der Vorlage der Halbjahreszahlen ist klar, dass auch in Krisenzeiten das Geschäftsmodell stimmig ist und bleibt. EBIT zwischen 3,6 bis 3,8 Milliarden Euro und ein Konzernüberschuss i.H.v 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro sind Kerndaten, mit denen sich auf dem Parkett leben lässt. Die nicht aufholbare Belastung aus der Krise beschränkt sich damit in Summe auf lediglich rund 2 % des EBITDA und E.ON hält auch an seinen Zielen und Aussagen zur Dividendenentwicklung fest und aktualisiert die Jahresprognose.
Die Übernahme von Innogy ist auch abgeschlossen. Wie sieht die Perspektive aus? Konjunkturpakete und Wasserstoff werden E.ON helfen, um alle Geschäfte robust und reibungslos weiterlaufen zu lassen. Fazit: E.ON ist auf der aktuellen Basis ein Kauf und sollte in keiner Energie-Strategie fehlen. Gelingt der Ausbruch aus der langen Seitwärtsbewegung seit 2017, sollten per 2022 Kurse um 20 Euro machbar sein. Das sind dann 100% Potenzial in einem Versorger!
TUI bekommt weiter Staatsgeld. Ein zusätzliches Stabilisierungspaket i.H.v. 1,2 Mrd. Euro soll den Fokus auf das operative Geschäft legen und die Neuausrichtung vorantreiben. TUI und die KfW haben wohl vereinbart, die bestehende Kreditlinie zu erweitern, das steht aber unter dem Vorbehalt, dass die TUI eine Wandelanleihe in Höhe von 150 Millionen Euro an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds begibt und die Gläubiger einer im Oktober 2021 fälligen Anleihe auf eine Begrenzung der Verschuldung der TUI verzichten. Beide Bedingungen sowie weitere formelle Voraussetzungen müssten bis zum 30. September 2020 erfüllt sein. Was soll ich sagen? Klar ist es gut, wenn TUI weiter erhalten wird, schließlich buche ich dort auch gern meine Reisen. Bleibt zu hoffen, dass der Staat es dabei belässt. Ja, kaufen.
Kurz von der Wall Street:
Tencent meldete Ergebnisse für die drei Monate bis Ende Juni, welche die Erwartungen der Analysten in einem der am schnellsten wachsenden und umsatzstärksten Quartale seit zwei Jahren übertrafen: Gaming steigerte den Gesamtumsatz, während Tencent eine gewisse Schwäche im Werbegeschäft verzeichnet. Allerdings werden die Zahlen möglicherweise von einer von Donald in der vergangenen Woche unterzeichneten Executive Order überschattet, die jede Transaktion im Zusammenhang mit WeChat, der beliebten Messaging-App von Tencent, verbietet. Die Ausführungsverordnung tritt im September in Kraft. Aber: Auf WeChat entfallen bestenfalls 2-3% USA-Umsatz, die Wirkung der Direktive ist also eher lächerlich. Nur die TikTok-Anhänger dürften aus der Wäsche gucken. Wenn weiter nichts ist. Tencent habe ich im Depot und dort bleibt sie auch.
Tesla: Günstiger ist nicht wertvoller, aber attraktiver. Elon Musk kündigte am Dienstagabend einen Aktiensplit im Verhältnis fünf zu eins an. Die Aufteilung tritt am 31. August in Kraft. Tesla-Aktien stiegen um mehr als 5%, obwohl sich nichts Grundlegendes ändert. Aber der psychologische Effekt ist ähnlich wie schon jüngst bei Apple und in vielen anderen früheren Fällen. Über 1.000 Dollar für eine Aktie zu bezahlen ist gefühlt schwieriger als eine Aktie zu 100 Dollar zu erwerben. Künftig kostet eine Tesla Aktie also ca. 280 Dollar. Am 22. September veranstaltet Elon Musk wie immer den berühmten „Battery Day“. Da gibt es schmackhaftes zum Thema Batterientwicklung oder Modellpalette. Meine Meinung ist wie immer voreingenommen und völlig unsachlich: Tesla ist und bleibt die weltweit spannendste Auto-Story! Basta!
Brinker International – Die Muttergesellschaft der Restaurantkette Little Italy von Chili und Maggiano meldete einen bereinigten vierteljährlichen Verlust von 88 Cent pro Aktie, der geringer war als der von Wall Street-Analysten prognostizierte Verlust von 1,37 Dollar. Der Umsatz lag zwar unter den Prognosen, aber Brinker prognostiziert für das laufende Quartal einen geringeren Verlust als erwartet. Oberhalb von 33 Dollar ein Kauf.
Eastman Kodak – CEO Jim Continenza sagte, das Unternehmen unterstütze die Entscheidung der Regierung, ein potenzielles Darlehen an das Unternehmen einzufrieren, und sagte, der Deal erfordere mehr Ausarbeitung. Das Darlehen, welches das Pharmageschäft von Kodak ankurbeln soll, wird derzeit geprüft, da Führungskräfte kurz vor Bekanntgabe des Darlehensgeschäfts Aktienoptionen erhielten. Also das liest sich schon alles etwas komisch und irgendwie erinnert mich das alles an Wirecard, auch wenn es hinkt. Ich fasse das Ding erst einmal nicht an!
Moderna hat mit der US-Regierung einen Vertrag über mehr als 1,5 Milliarden Dollar über 100 Millionen Dosen seines experimentellen COVID-19-Impfstoffs abgeschlossen. Der Impfstoff wird den Menschen kostenlos zur Verfügung gestellt und die Regierung wird die Möglichkeit haben, weitere 400 Millionen Dosen zu kaufen. Impfen ist das Thema der Woche – drin bleiben oder ein paar Stücke kaufen, je nachdem wie ihr positioniert seid.
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