Märkte: Zwischen Hoffnung und Realität

Fortschritte in US-China-Gesprächen heben Stimmung, doch vage Details und Inflationsdaten halten Skepsis aufrecht. Märkte reagieren mit vorsichtigem Optimismus.

Die Kernpunkte:
  • US-China-Verhandlungen zeigen erste Fortschritte
  • Inflationsdaten in China und Indien signalisieren Entspannung
  • Geopolitische Entschärfung stützt Risikobereitschaft
  • US-Verbraucherpreise als nächster Markttreiber

Ein unerwarteter Optimismus erfasst zu Beginn dieser Woche die globalen Märkte. Fortschritte in den langwierigen Handelsgesprächen zwischen den USA und China sowie erste Anzeichen einer Entspannung an einigen geopolitischen Krisenherden schüren die Hoffnung auf eine dringend benötigte Atempause. Doch während Aktienfutures zulegen und der Dollar gegenüber sicheren Häfen Stärke zeigt, fragen sich Investoren weltweit: Wie belastbar ist diese aufkeimende Euphorie angesichts noch vager Vereinbarungen und der weiterhin präsenten Inflations- und Konjunktursorgen? Die kommenden Tage, insbesondere mit Blick auf neue US-Inflationsdaten, dürften hier erste Antworten liefern.

US-China-Gespräche: Mehr Schein als Sein?

Im Zentrum der aktuellen Marktstimmung stehen die Verhandlungen zwischen Washington und Peking. Nach intensiven Gesprächen am Wochenende in Genf sprachen sowohl US-Finanzminister Scott Bessent als auch chinesische Offizielle von "substanziellen Fortschritten" und einem "wichtigen Konsens". Es wurde sogar ein "Deal" zur Reduzierung des US-Handelsdefizits in Aussicht gestellt, Details blieben jedoch auffallend rar. Ein gemeinsames Statement, das für später am heutigen Montag erwartet wird, könnte mehr Klarheit bringen, doch die Skepsis bleibt.

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Die Märkte reagierten zunächst positiv auf die versöhnlichen Töne: S&P 500 Futures kletterten um 1,4%, Nasdaq Futures legten sogar um 1,9% zu. Auch in Europa zeigten sich die Börsen freundlich, mit Gewinnen für EUROSTOXX 50, FTSE und DAX Futures. Der Dollar profitierte ebenfalls und legte gegenüber dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken zu. Michael Brown, Senior Research Strategist bei Pepperstone, kommentierte jedoch treffend: "Was wir hier zu haben scheinen, ist ein breiter Rahmen, unter dem die beiden Nationen weitere Gespräche führen können, mit dem Ziel, ein umfassenderes Handelsabkommen zu erreichen." Dies sei zwar "nicht das Worst-Case-Szenario", aber eben auch "kein konkreter Deal". Entscheidend sei, ob und welche Zölle nun pausiert, reduziert oder zurückgenommen würden.

Die Hoffnung der Anleger ruht darauf, dass das Weiße Haus die drastischen Zölle von bis zu 145% auf chinesische Waren bald zurückfährt. Die chinesische Wirtschaft leidet sichtlich unter dem Handelskonflikt. Daten vom Wochenende zeigten, dass die Verbraucherpreise (CPI) in China im April den dritten Monat in Folge sanken (-0,1% im Jahresvergleich), während die Erzeugerpreise (PPI) mit -2,7% den stärksten Rückgang seit sechs Monaten verzeichneten. Ein Handelsabkommen könnte hier dringend benötigte Entlastung bringen. Charles Wang, Chairman von Shenzhen Dragon Pacific Capital Management, merkte an, dass beide Seiten unter starkem Druck stünden, voranzukommen – die USA wegen Lieferkettenproblemen, China wegen Herausforderungen beim Wirtschaftswachstum.

Inflation und Geldpolitik: Ein globales Puzzle

Abseits der Handelsdiplomatie bleibt die Inflation ein bestimmendes Thema für die globalen Märkte und die Notenbanken. In Indien scheint sich die Teuerung erfreulich abzukühlen. Die Konsumentenpreise dürften im April auf ein Sechsjahrestief von etwa 3,27% gesunken sein, nach 3,34% im März. Dies wäre der dritte Monat in Folge unter dem 4%-Ziel der Reserve Bank of India (RBI) und gäbe ihr mehr Spielraum für mögliche Zinssenkungen zur Stützung der Wirtschaft. Selbst intensive Hitzewellen scheinen die Ernteaussichten dank guter Monsunprognosen nicht nachhaltig getrübt zu haben. Die Kerninflation, die volatile Posten wie Lebensmittel und Energie ausklammert, wird ebenfalls moderater bei etwa 4,0% erwartet.

Ganz anders die Lage in China, wo die schwachen Inflationsdaten (CPI -0,1% J/J, PPI -2,7% J/J im April) den Druck auf Peking erhöhen, die Binnennachfrage anzukurbeln. Auch wenn für Mai eine leichte Verbesserung erwartet wird, unterstreichen die Zahlen die anhaltende Schwäche.

In den USA richten sich alle Augen auf die am Dienstag anstehenden Verbraucherpreisdaten für April. Diese könnten erste Hinweise geben, wie sich die Importzölle auf die Inflation auswirken, obwohl viele Analysten erst mit den Mai-Daten klare Effekte erwarten. Die Federal Reserve hatte zuletzt signalisiert, keine Eile bei weiteren Zinssenkungen zu haben. Die Markterwartungen für eine Zinssenkung im Juni sind auf nur noch 17% gesunken, für Juli liegen sie bei 59%. "Wir gehen davon aus, dass es bis zur Veröffentlichung der Mai-CPI-Daten dauern wird, bis wir breite Beweise dafür sehen, dass sich Zölle in den Inflationsdaten niederschlagen", schrieben Analysten von ANZ. Sie halten daher den September für einen realistischeren Zeitpunkt für einen Fed-Schritt. Die Quartalszahlen des Einzelhandelsriesen Walmart am Donnerstag könnten weitere Einblicke in die Konsumstimmung und die Auswirkungen der Tarife liefern.

Lichtblicke an geopolitischen Fronten

Zur positiven Grundstimmung trugen auch Meldungen von anderen internationalen Schauplätzen bei. Ein fragiler Waffenstillstand zwischen Indien und Pakistan, nach viertägigen Kämpfen zwischen den Atommächten, beruhigte die Nerven. Zudem erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Bereitschaft, den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Donnerstag in der Türkei zu direkten Gesprächen zu treffen – es wäre das erste Treffen dieser Art seit den frühen Monaten der Invasion 2022. Diese Entwicklungen stützten die allgemeine Risikobereitschaft an den Märkten und belasteten im Gegenzug den Goldpreis, der nach einer starken Phase zuletzt um 1,5% auf 3.273 US-Dollar pro Unze nachgab und sich damit von seinem April-Allzeithoch bei 3.500 US-Dollar entfernte. Interessanterweise war der Goldpreis in Indien im April jedoch um rund 5,0% gestiegen, da Anleger dort angesichts globaler Handelsspannungen einen sicheren Hafen suchten und dies den Rückgang der Gesamtinflation teilweise kompensierte.

Nationale Agenden und wirtschaftliche Herausforderungen

Während internationale Entspannungssignale die Schlagzeilen dominieren, kämpfen einzelne Nationen mit spezifischen wirtschaftlichen Herausforderungen. In Japan erteilte Premierminister Shigeru Ishiba Forderungen nach einer Senkung der Mehrwertsteuer eine Absage, obwohl die Bevölkerung unter steigenden Lebenshaltungskosten leidet. Ishiba verwies auf Japans ohnehin schon niedrigen Steuersatz für Lebensmittel, die massive Staatsverschuldung (doppelt so hoch wie die Wirtschaftsleistung) und die Kosten der alternden Gesellschaft. Maßnahmen müssten gezielt die am stärksten betroffenen Haushalte erreichen, so Ishiba.

In Südkorea hat unterdessen der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen am 3. Juni begonnen, der stark von Wirtschaftsfragen und den Handelsbeziehungen zu den USA geprägt ist. Der führende Kandidat Lee Jae-myung von der liberalen Demokratischen Partei und sein konservativer Rivale Kim Moon-soo versprechen beide, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die durch US-Zölle ausgelöste Handelskrise zu bewältigen. Kim Moon-soo schlug sogar ein sofortiges Gipfeltreffen mit US-Präsident Trump vor, um über Zölle zu verhandeln.

Währungen und Rohstoffe: Spiegel der Marktstimmung

Die Entwicklungen spiegelten sich deutlich an den Devisen- und Rohstoffmärkten wider. Der US-Dollar zeigte Stärke gegenüber traditionell sicheren Währungen wie dem japanischen Yen (Anstieg auf 146,03) und dem Schweizer Franken. Der Dollar-Index bewegte sich nahe einem Monatshoch. Der chinesische Offshore-Yuan legte um etwa 0,2% auf 7,2252 pro Dollar zu. Jason Chan, Senior Investment Strategist bei der Bank of East Asia, sieht in den Fortschritten der US-China-Gespräche ein positives Signal auch für andere asiatische Länder: "Wenn sogar China einen Deal machen kann, dann könnten andere asiatische Länder wie Japan, Indien und südostasiatische Staaten folgen und ihre eigenen Handelsgespräche vorantreiben." Risikofreudigere Währungen wie der neuseeländische und der australische Dollar konnten ebenfalls zulegen.

Der Euro gab leicht auf 1,1224 Dollar nach, während das britische Pfund bei 1,3288 Dollar notierte. Die Ölpreise profitierten von der Hoffnung, dass Fortschritte in den Handelsgesprächen das Risiko eines größeren wirtschaftlichen Abschwungs mindern könnten. Brent-Rohöl stieg um 39 Cent auf 64,30 Dollar pro Barrel, und US-Rohöl verteuerte sich um 41 Cent auf 61,43 Dollar.

Ausblick: Nagelprobe für den Optimismus

Die globalen Märkte scheinen für den Moment das halbvolle Glas zu sehen. Die Hoffnung auf eine Deeskalation im Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt und die Entspannungssignale von anderen geopolitischen Brennpunkten überwiegen kurzfristig die Sorgen. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail, und genau diese Details fehlen bei den US-China-Gesprächen noch. Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob aus den vagen Absichtserklärungen konkrete, wachstumsfördernde Maßnahmen erwachsen. Die US-Verbraucherpreisdaten am Dienstag werden ein wichtiger Indikator für den Inflationsdruck und die künftige Marschroute der Federal Reserve sein. Bis dahin dürften die Märkte weiterhin zwischen hoffnungsvollem Aufatmen und vorsichtiger Skepsis pendeln. Die Frage bleibt, ob der aktuelle Optimismus eine nachhaltige Trendwende einleitet oder sich als trügerischer Hoffnungsschimmer erweist.

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