Schizophrene Börse: DAX-Rausch, Stahl-Krise und Trumps 25-Prozent-Deal
Während der DAX auf Rekordniveau steigt, kündigt Thyssenkrupp massive Verluste und Stellenstreichungen an. Gleichzeitig erlaubt Trump Chip-Exporte nach China gegen eine 25%ige Abgabe.

- Thyssenkrupp erwartet hohe operative Verluste
- Trump genehmigt Nvidia-Chipverkäufe mit 25% Abgabe
- Bitcoin wartet auf Fed-Zinsentscheidung
- Deutsche Exporte stabilisieren sich in Europa
Liebe Leserinnen und Leser,
wir erleben am heutigen Dienstagnachmittag eine ökonomische Schizophrenie, die selbst erfahrene Händler irritiert. Wer nur auf den Punktestand schaut, sieht eine heile Welt: Der DAX klettert über die Marke von 24.160 Zählern, die Statistikabteilung der ING verspricht uns eine 75-prozentige Wahrscheinlichkeit für einen goldenen Dezember, und in den Frankfurter Türmen wird die Jahresendrally bereits als fait accompli gehandelt.
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Doch wer den Blick vom Index auf die industrielle Substanz des Landes lenkt, dem gefriert das Lächeln. Während die Finanzmärkte die Hoffnung auf sinkende Zinsen zelebrieren, melden die Ikonen der deutschen Realwirtschaft Land unter. Wir sehen eine gefährliche Entkopplung: Der DAX ist ein Versprechen auf die Zukunft, die Unternehmensmeldungen aus Essen und Heidenheim sind die brutale Gegenwart.
Lassen Sie uns diese Dissonanz auflösen.
Thyssenkrupp: Der Ausverkauf einer Ikone
Es ist das schmerzhafte Gesprächsthema des Tages: Die Aktie von Thyssenkrupp wurde massiv abgestraft und verlor in der Spitze rund 7 Prozent auf etwa 9 Euro. Die heute vorgelegten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr erzählen nicht nur von roten Zahlen, sondern von einer tiefen Identitätskrise.
Zwar weist der Konzern unter dem Strich einen Nettogewinn von 532 Millionen Euro aus – doch lassen Sie sich von dieser Zahl nicht blenden. Das ist bilanzielle Kosmetik, getrieben durch Sondereffekte. Die operative Wahrheit liegt im Ausblick auf 2025/26: Der Vorstand bereitet die Anleger auf einen erneuten Verlust zwischen 400 und 800 Millionen Euro vor.
Die Analyse: CEO Miguel López setzt alles auf die Karte „Verselbstständigung”. Die Gespräche mit dem indischen Konglomerat Jindal seien „sehr intensiv”, heißt es aus der Zentrale. Doch der Preis für die Rettung ist hoch: In der Stahlsparte stehen bis zu 11.000 der 27.000 Arbeitsplätze zur Disposition. Dass der Konzern in dieser existenziellen Lage eine Dividende von 15 Cent vorschlägt, wirkt wie ein verzweifeltes Signal der Normalität, während die IG Metall bereits die Barrikaden errichtet. Thyssenkrupp verwandelt sich von einem integrierten Technologiekonzern in eine „Finanzholding” – ein eleganter Begriff für die Abwicklung der eigenen Tradition.
Trumps Zoll-Logik: Kasse machen statt Mauern bauen
Gestern diskutierten wir an dieser Stelle über die geopolitische Dimension der neuen US-Chip-Politik. Heute liefert Donald Trump die betriebswirtschaftliche Pointe nach. Die Nachricht aus Washington ist eindeutig: Der Export von Nvidias H200-Chips nach China erhält grünes Licht – allerdings zu einem Preis, der den Begriff „Handelskrieg” neu definiert.
Die US-Regierung verlangt eine Abgabe von satten 25 Prozent auf die Erlöse. Die absolute High-End-Klasse (Blackwell, Rubin) bleibt tabu, doch die H200-Reihe darf fließen.
Was das bedeutet: Trump agiert hier nicht als Ideologe, sondern als Schatzmeister. Es geht ihm weniger um die totale Isolation Chinas (sonst blieben die Tore geschlossen), sondern um die Monetarisierung der amerikanischen Tech-Dominanz. Er nutzt Nvidia als Melkuh für die Staatskasse. Peking reagierte verhalten positiv und sprach von „gegenseitigem Nutzen”, wohl wissend, dass man die Chips braucht. Wie hoch der Druck im Kessel tatsächlich ist, zeigt ein Detail am Rande: US-Behörden haben gerade erst einen Schmugglerring ausgehoben, der Chips im Wert von 160 Millionen Dollar unter dem tarnenden Label „Sandkyan” verschob. Der Markt findet immer einen Weg – Trump hat nun beschlossen, daran mitzuverdienen.
Diese Entwicklung im Chip-Sektor erinnert mich an eine wichtige Investmentchance, die weit über Nvidia hinausgeht. Börsenexperte Bernd Wünsche analysiert in seinem Webinar „Der Eine-Billion-Dollar-Chip”, welche vier Halbleiter-Aktien vom aktuellen Chip-Boom profitieren könnten – darunter auch weniger bekannte Zulieferer und Spezialisten, die von der staatlich forcierten Chip-Unabhängigkeit profitieren. Konkret zeigt er, welche Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette positioniert sind. Details zur Chip-Aktien-Analyse ansehen
Bitcoin und Fed: Ruhe vor dem Sturm
Zurück an die Finanzmärkte, wo die Uhren heute langsamer zu ticken scheinen. Alles wartet auf den morgigen Mittwochabend, 20:00 Uhr unserer Zeit. Die Zinssenkung der Fed um 0,25 Prozentpunkte ist zu fast 90 Prozent eingepreist. Diese fast schon unheimliche Gewissheit hält auch den Bitcoin in Schach, der heute nervös um die „Kampfzone” der 90.000-Dollar-Marke pendelt.
Der Kontext: Die heute veröffentlichten JOLTS-Daten vom US-Arbeitsmarkt lieferten genau jene gemischten Signale, die Notenbanker lieben. Die offenen Stellen stiegen leicht auf 7,67 Millionen, doch parallel nahmen die Entlassungen zu. Das Szenario einer „sanften Landung” – Abkühlung ohne Absturz – bleibt intakt. Für Krypto-Investoren ist die Gleichung simpel: Sinkende Zinsen sind der Sauerstoff, den der Bitcoin für den nachhaltigen Sprung über die 90.000er-Hürde benötigt. Dass Bitwise seinen Krypto-Index-Fonds nun an die NYSE Arca bringt, unterstreicht zudem die fortschreitende Institutionalisierung der Anlageklasse, unabhängig vom Tageskurs.
Lichtblick Binnenmarkt: Europa rückt zusammen
Einen kleinen, aber feinen Hoffnungsschimmer lieferte heute das Statistische Bundesamt. Die deutschen Exporte sind im Oktober minimal um 0,1 Prozent gestiegen. Spannend ist dabei nicht die absolute Zahl, sondern die Geografie: Während das Geschäft mit den USA und China schrumpft, fängt der europäische Binnenmarkt die Verluste auf.
In einer fragmentierten Weltwirtschaft scheint Europa seine Rolle als sicherer Hafen neu zu entdecken. Dazu passt die Meldung aus Brüssel, dass die EU-Kommission Polen staatliche Beihilfen für das erste Atomkraftwerk des Landes genehmigt. Ein Milliardenprojekt, das zeigt: Energiesicherheit wird in Europa mittlerweile pragmatischer buchstabiert als noch vor wenigen Jahren – auch wenn man in Berlin bei diesem Thema traditionell fremdelt.
Schlussgedanke
Der heutige Tag lehrt uns Demut vor den großen Indizes. Ein DAX bei über 24.000 Punkten mag das Herz wärmen, doch er ist eine Wette auf die Zukunft, keine Bilanz der Gegenwart. Wenn Schwergewichte wie Thyssenkrupp wanken oder der Maschinenbauer Voith – der heute ebenfalls den Abbau von 2.500 Stellen ankündigte – den Gürtel enger schnallen muss, steht das Börsenhoch auf einem fragilen Fundament.
Für Ihr Depot heißt das: Selektion wird 2026 wichtiger denn je. Eine Jahresendrally nimmt man gerne mit, aber die strukturellen Hausaufgaben der Realwirtschaft lassen sich nicht einfach wegtraden.
Morgen Abend wissen wir mehr, wenn Jerome Powell in Washington ans Mikrofon tritt. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine ruhige Hand.
Herzlich,
Ihr
Eduard Altmann
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