Trumps Zollpolitik löst globale Marktturbulenzen und Gold-Rally aus
Die bevorstehenden US-Importzölle sorgen für Marktvolatilität, steigende Goldpreise und Stagflationsbedenken. Unternehmen und Länder bereiten sich auf Handelsunsicherheiten vor.

- Rekordwerte bei Edelmetallen durch Handelssorgen
- Wirtschaftsdaten deuten auf Stagflationsrisiko hin
- Aktienmarkt verzeichnet schwächstes Quartal seit Jahren
- Anpassungsstrategien der globalen Wirtschaftsakteure
Im Schatten der für morgen angekündigten neuen US-Zölle zeigen sich die globalen Finanzmärkte zunehmend nervös. Anleger warten gespannt auf Donald Trumps selbsternannten „Liberation Day“ am 02. April 2025, an dem der US-Präsident reziproke Zölle auf Importe aus zahlreichen Ländern verkünden will. Während Gold auf Rekordniveau klettert, schwanken die Aktienmärkte, und die Sorge vor einer möglichen Stagflation wächst.
Märkte im Bann der Zollankündigung
Die Ungewissheit über Trumps genaue Zollpläne hält die globalen Märkte in Atem. Nach Informationen der Washington Post planen Mitarbeiter des Weißen Hauses Zölle von etwa 20% auf die meisten in die USA importierten Waren. Angesichts dieser Aussichten erreichte Gold gestern mit 3.148,88 Dollar pro Unze ein neues Allzeithoch und setzte damit seinen beeindruckenden Lauf fort – das erste Quartal 2025 war das stärkste für den Goldpreis seit 1986.
„Solange wir Schwäche an den US-Aktienmärkten und anhaltende Besorgnis über die Zölle und die geopolitische Situation sehen, wird Gold wahrscheinlich weiter steigen“, erklärt ein Marktanalyst von Marex. Besonders bemerkenswert: Während andere sichere Häfen wie der Schweizer Franken und der japanische Yen ebenfalls stark nachgefragt werden, hat der US-Dollar im ersten Quartal 2025 seine schlechteste Performance seit neun Jahren hingelegt und fast 4% verloren.
Wirtschaftliche Folgen und Rezessionsängste
Die Auswirkungen der drohenden Handelskonflikte zeigen sich bereits in der Realwirtschaft. Der US-Einkaufsmanagerindex (ISM) für das verarbeitende Gewerbe sank im März auf 49,0 Punkte, nach 50,3 im Februar – ein Wert unter 50 signalisiert eine Kontraktion. Besonders beunruhigend ist der gleichzeitige Anstieg der Preiskomponente auf 69,4 Punkte, den höchsten Wert seit Juni 2022, was auf zunehmenden inflationären Druck hindeutet.
„Steigende Preise bei gleichzeitiger Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit deuten darauf hin, dass die Wirtschaft in eine Stagflation geraten könnte“, warnt Jeffrey Roach, Chefvolkswirt bei LPL Financial. „Die Fed befindet sich in einer schwierigen Lage, da erschüttertes Unternehmens- und Verbrauchervertrauen die Ausgaben verlangsamen könnte.“
Goldman Sachs hat inzwischen die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession in den nächsten 12 Monaten von 20% auf 35% angehoben und verweist dabei auf die deutliche Verschlechterung des Verbraucher- und Unternehmensvertrauens. Die Investmentbank schätzt, dass Zölle von 60% auf 75% der chinesischen Importe in die USA, zusammen mit 10% Zöllen auf Importe aus dem Rest der Welt, das globale BIP-Wachstum um 0,5% reduzieren könnten.
Unternehmen im Zolldilemma
Am Aktienmarkt zeigt sich ein gespaltenes Bild. Der S&P 500 schloss das erste Quartal 2025 mit einem Minus von 4,6% ab – die schlechteste Dreimonatsperiode seit Juli 2022. Besonders zollsensitive Sektoren wie Automobile, Luxusgüter und Pharmazeutika stehen unter Druck. Nach Einschätzung von UBS-Analysten könnten zollsensitive Aktien noch weitere 10% an relativer Performance verlieren, da die Gewinnerwartungen nach unten korrigiert werden müssen.
Einzelne Unternehmen positionieren sich bereits strategisch. Goldman Sachs stufte den Automobilzulieferer Genuine Parts Co aufgrund seiner zyklischen Ausrichtung und seiner Anfälligkeit gegenüber wirtschaftlichen Abschwüngen auf „Verkaufen“ herab, während AutoZone auf „Neutral“ hochgestuft wurde. Laut den Analysten könnte AutoZone von den geplanten 25%-Zöllen auf Autos profitieren, da höhere Autopreise die Nachfrage nach Autoteilen steigern könnten.
In der Fertigungsindustrie berichten Unternehmen bereits von tiefgreifenden Veränderungen im Einkaufsverhalten. „Kunden ziehen Bestellungen vor, aus Sorge vor anhaltenden Zöllen und Preisdruck“, berichtet ein Hersteller von Computer- und Elektronikprodukten im ISM-Survey. Lebensmittel- und Getränkehersteller äußern zudem Bedenken über einen möglichen Boykott amerikanischer Produkte in Kanada als Reaktion auf die US-Zollpolitik.
Internationale Reaktionen und Anpassungen
Die ersten diplomatischen und wirtschaftlichen Reaktionen auf Trumps angekündigte Zolloffensive werden bereits sichtbar. Israel hat proaktiv reagiert und am Dienstag alle verbleibenden Zölle auf US-Importe gestrichen, um mögliche Gegenzölle zu vermeiden. Diese Maßnahme, die unmittelbar in Kraft tritt, wurde von Finanzminister Bezalel Smotrich in Abstimmung mit Premierminister Benjamin Netanyahu und Wirtschaftsminister Nir Barkat unterzeichnet, benötigt jedoch noch die endgültige Zustimmung des Finanzausschusses der Knesset.
Andere Länder bereiten sich ebenfalls auf mögliche Vergeltungsmaßnahmen vor. Das Büro des US-Handelsbeauftragten veröffentlichte am Montag seinen Jahresbericht über ausländische Handelshemmnisse – ein 397-seitiges Dokument, das Politiken und Vorschriften anderer Länder auflistet, die als Handelshemmnisse betrachtet werden. Es bleibt jedoch unklar, wie dieser Bericht Trumps Pläne für reziproke Zölle beeinflussen wird.
Investorenstrategien in unsicheren Zeiten
In diesem volatilen Umfeld haben sich die Anlagestrategien deutlich verändert. Neben Gold gewinnen auch defensive Anlagen und alternative Strategien an Bedeutung. Der Hedgefonds AQR Capital Management von Milliardär Cliff Asness verzeichnete im ersten Quartal 2025 in mehreren seiner Fonds Renditen von fast 10%. Die Multi-Strategie-Apex-Strategie des Fonds erzielte eine Quartalsrendite von 9%, während die AQR Delphi Long-Short Equity Strategy sogar 9,7% erreichte.
Auch an den Anleihemärkten spiegeln sich die stagflationären Befürchtungen wider. Die realen Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen sind seit Januar um 30-50 Basispunkte gefallen, während die 2-jährigen Breakeven-Inflationserwartungen um 70 Basispunkte gestiegen sind. Diese Entwicklung zeigt, dass die Anleger mit einer Kombination aus schwächerem Wachstum und höherem Preisdruck rechnen.
Am Kryptomarkt hat Bitcoin ebenfalls von der Unsicherheit profitiert und notiert aktuell bei über 85.000 Dollar – ein Indiz dafür, dass digitale Währungen zunehmend als alternative Wertspeicher in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen betrachtet werden.
Ausblick: Zwischen Eskalation und Anpassung
Die kommenden Wochen werden entscheidend für die globale Wirtschafts- und Marktentwicklung sein. Während die unmittelbaren Reaktionen auf Trumps Zollankündigung im Mittelpunkt stehen, richtet sich der Blick zunehmend auf die längerfristigen Auswirkungen auf Lieferketten, Inflation und Wachstum.
„Wir haben noch nicht das gesamte Ausmaß der Handelsspannungen eingepreist“, warnt ein UBS-Analyst. „Die Märkte haben zwar eine zunehmende Wahrscheinlichkeit der Umsetzung und der Auswirkungen einkalkuliert, aber unsere Analyse deutet darauf hin, dass die vollen wirtschaftlichen Folgen der Zölle noch nicht vollständig berücksichtigt sind.“
Für die US-Notenbank Fed stellt die drohende Kombination aus wirtschaftlicher Abschwächung und steigendem Inflationsdruck ein besonders kniffliges Problem dar. Nachdem sie im Januar ihre Zinssenkungen pausiert hatte, um die Auswirkungen der Zölle zu beobachten, könnte sie nun vor der schwierigen Entscheidung stehen, entweder die Inflation zu bekämpfen oder das Wachstum zu stützen – ein klassisches Stagflationsdilemma, das die Märkte auch in den kommenden Monaten beschäftigen dürfte.