US-Handelspolitik: Beben an Märkten
Neues US-UK-Handelsabkommen bringt kurzfristige Erleichterung, doch Warnungen vor globalen Handelskonflikten nehmen zu. Märkte reagieren gespalten.

- US-UK-Deal senkt Zölle für Autos und Stahl
- Bank of Canada warnt vor globalen Handelsrisiken
- Britische Märkte zeigen gemischte Reaktionen
- Investoren suchen Zuflucht in britischen Vermögenswerten
Die globale Finanzwelt hält den Atem an, da die neue US-Handelspolitik für erhebliche Verwerfungen und Unsicherheit sorgt. Während ein kurzfristig geschlossenes Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien am gestrigen Donnerstag (08. Mai 2025) für einen Hoffnungsschimmer sorgte, malen protektionistische Tendenzen aus Washington und eindringliche Warnungen von Zentralbanken ein komplexes Bild. Die Märkte schwanken zwischen der Erleichterung über vermeintliche Entspannungssignale und der Furcht vor einer neuen Ära globaler Handelskonflikte. Analysten und Investoren ringen um eine Einschätzung, ob dies nur temporäre Turbulenzen oder die Vorboten einer fundamentalen Neuordnung der Weltwirtschaft sind.
Hoffnungsschimmer UK? Der Deal mit Washington
Ein von US-Präsident Donald Trump und dem britischen Premierminister Keir Starmer am Donnerstag verkündetes "bahnbrechendes" Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien sorgte zunächst für Optimismus. Kernpunkte der Vereinbarung sehen vor, dass US-Zölle auf britische Autos von 27,5 % auf 10 % gesenkt werden – für ein Kontingent von 100.000 Fahrzeugen jährlich, was nahezu den gesamten britischen Autoexporten in die USA im Vorjahr entspricht. Zudem sollen die bisherigen 25 %-Zölle auf britischen Stahl und Aluminium auf null reduziert werden. Im Gegenzug senkt Großbritannien seine Zölle auf US-Importe von durchschnittlich 5,1 % auf 1,8 % und gewährt besseren Marktzugang für US-Agrarprodukte, wie etwa eine zollfreie Quote von 13.000 Tonnen für US-Rindfleisch. Auch Zölle auf US-Ethanol sollen fallen.
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Die Reaktionen an den britischen Märkten fielen gemischt, aber tendenziell positiv aus. Der Londoner FTSE 100 Index, der kürzlich seine längste tägliche Gewinnserie aller Zeiten verzeichnete und sich erstmals seit 2021 wieder im Einklang mit internationalen Vergleichsindizes bewegt, zeigte sich relativ stabil, während der stärker auf die Binnenwirtschaft ausgerichtete FTSE 250 Index um 0,6 % zulegte. Das Pfund Sterling, das bereits im Vorfeld auf 38-Monats-Hochs gegenüber dem Dollar notierte, gab nach einer zeitgleichen Zinssenkung der Bank of England anfängliche Gewinne jedoch wieder ab.
Analysten bewerteten den Deal differenziert. Lindsay James von Quilter nannte das Abkommen "letztendlich günstig für einige der größten Exportgüter Großbritanniens", insbesondere Autos und Flugzeugteile, was sich in steigenden Kursen von Unternehmen wie Rolls Royce und Melrose widerspiegelte. John Denton von der Internationalen Handelskammer sah ein "willkommenes Signal", betonte aber, dass die US-Zölle auf britische Exporte "deutlich höher bleiben als zu Jahresbeginn". Kritiker wie Dario Perkins von TS Lombard und Michael Brown von Pepperstone wiesen darauf hin, dass der von den USA im April universell eingeführte Basiszoll von 10 % bestehen bleibt und der Deal eher "symbolischen Charakter" habe. Die Erleichterung sei zwar spürbar, so Shamil Gohil von Fidelity International, der Deal reduziere Unsicherheit und könne sogar zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts führen, aber von einer umfassenden Lösung sei man weit entfernt.
Währungsturbulenzen und Zinsentscheidungen
Die Ankündigung des US-UK-Handelsabkommens wirkte sich unmittelbar auf die Devisenmärkte aus. Der US-Dollar legte gegenüber dem japanischen Yen um fast 1 % auf 145,185 Yen und gegenüber dem Schweizer Franken um 0,48 % auf 0,8275 Franken zu, da die Nachricht die Nervosität der Anleger etwas beruhigte. Der Dollar-Index, der den Greenback gegenüber einem Korb von Währungen misst, stieg um 0,41 % auf 100,31 Punkte. Der Euro gab um 0,33 % auf 1,1262 Dollar nach.
Das britische Pfund zeigte sich volatiler. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Handelsdeals und einer erwarteten Zinssenkung durch die Bank of England (BoE) legte es zunächst zu, gab diese Gewinne im weiteren Handelsverlauf jedoch wieder ab und notierte zuletzt bei 1,32775 Dollar, ein Minus von 0,09 %. Die BoE hatte die Zinsen mit einer knappen Mehrheit von 5 zu 4 Stimmen um einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Bemerkenswert war die Uneinigkeit im geldpolitischen Ausschuss: Zwei Mitglieder plädierten für eine stärkere Senkung um einen halben Punkt, während zwei weitere, darunter Chefökonom Huw Pill, für eine Beibehaltung der Zinsen stimmten. Diese Entscheidung fiel einen Tag, nachdem die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen unverändert gelassen, aber auf gestiegene Risiken für Inflation und Arbeitslosigkeit hingewiesen hatte.
Kanadas düstere Prognose: US-Handelspolitik als globales Risiko
Einen deutlichen Kontrapunkt zur kurzfristigen Erleichterung durch den US-UK-Deal setzte die Bank of Canada (BoC) am selben Donnerstag. In ihrem jährlichen Finanzstabilitätsbericht warnte die kanadische Zentralbank eindringlich vor den Gefahren eines langanhaltenden globalen Handelskrieges, ausgelöst durch die protektionistische US-Handelspolitik. Gouverneur Tiff Macklem bezeichnete einen solchen Handelskrieg als "größte Bedrohung für die kanadische Wirtschaft" und als erhebliches Risiko für die Finanzstabilität.
Die BoC skizzierte zwei Hauptsorgen: Kurzfristig könne die Unvorhersehbarkeit der US-Handelspolitik zu weiterer Marktvolatilität und Liquiditätsengpässen führen, im Extremfall sogar zu Marktversagen. Mittelfristig hätte ein prolongierter Handelskrieg gravierende ökonomische Konsequenzen, wie gedämpftes Wachstum und steigende Arbeitslosigkeit. Dies könnte wiederum die Stabilität des Finanzsystems gefährden. Trotz gesunkener Zinsen seien Anzeichen für finanziellen Stress bei kanadischen Haushalten, insbesondere jenen ohne Hypothek, gestiegen. Eine scharfe Konjunkturabkühlung durch Handelskonflikte könnte dazu führen, dass viele Haushalte und Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Sollten Kreditausfälle in großem Stil auftreten, könnten Banken gezwungen sein, die Kreditvergabe einzuschränken, was den Abschwung weiter verschärfen würde.
Besondere Besorgnis äußerte die BoC über die wachsende Rolle von Hedgefonds am Markt für kanadische Staatsanleihen. Diese hätten zwar geholfen, das gestiegene Angebot an Staatspapieren zu absorbieren, seien aber oft hochgehebelt. In Stressphasen könnten sie gezwungen sein, ihre Positionen rasch aufzulösen, was die Marktliquidität gefährden und Volatilität verschärfen könnte – ein Risiko, das jüngste Turbulenzen am US-Staatsanleihemarkt verdeutlicht hätten. Macklem betonte, die Analyse sei "keine Projektion, sondern eine Bewertung von Schwachstellen".
Investoren im Zwiespalt: UK als Zuflucht oder trügerische Idylle?
Angesichts der Unsicherheit an der Wall Street und eines schwankenden Dollars suchen Investoren nach Anlagealternativen. Großbritannien, lange von Brexit-Sorgen und politischer Instabilität (wie dem Mini-Budget-Schock von 2022) gezeichnet, rückt dabei wieder stärker in den Fokus. Der FTSE 100 verzeichnete eine Rekordgewinnserie, und britische Vermögenswerte scheinen von einer Kombination aus dem US-Handelsdeal, den Zinssenkungen der BoE und der Hoffnung auf eine erneute Annäherung an die EU zu profitieren. Paul Jackson von Invesco erwartet sogar, dass britische Aktien die US-Papiere in diesem Jahr übertreffen könnten.
Viele Vermögensverwalter sehen zumindest mehr Stabilität für britische Anlagen. Jill Hirzel von Insight Investment rechnet mit sinkenden Renditen für 30-jährige britische Staatsanleihen (Gilts) von derzeit rund 5,2 %. Auch wenn die politische Volatilität im Vereinigten Königreich anhalte, so Mark Munro von Aberdeen Investments, könnten internationale Investoren die fiskalischen Probleme des Landes nun weniger kritisch sehen als in den vergangenen zehn Jahren, zumal die Aufmerksamkeit sich zunehmend auf US-Haushaltsdefizite und die Volatilität von US-Staatsanleihen richte. Andrew Jones von Janus Henderson unterstrich, dass er bereits seit einiger Zeit eine Übergewichtung britischer Aktien favorisiere, da das Land nun "insgesamt deutlich stabiler" sei.
Dennoch bleibt eine gewisse Skepsis. Neil Birrell von Premier Miton berichtet zwar von ungewöhnlich vielen Kundenanfragen zum lange unpopulären britischen Markt, erhöht seine Engagements aber noch nicht. Fidelitys Shamil Gohil bemerkt, dass ausländische Pensionsfonds beginnen, Interesse an britischen Anlagen zur Diversifizierung weg von den USA zu zeigen. Das Vereinigte Königreich sei "definitiv immuner gegen die direkten Auswirkungen von Handelskriegen" und daher "als Zufluchtsort nicht der schlechteste".
Ausblick: Gratwanderung zwischen Entspannung und Eskalation
Die Finanzmärkte befinden sich in einem heiklen Schwebezustand. Das Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien mag kurzfristig für Entspannung sorgen und einzelne Sektoren positiv stimmen. Gleichzeitig unterstreichen die scharfen Warnungen der Bank of Canada und die generelle protektionistische Rhetorik aus Washington die tiefgreifenden Risiken der aktuellen US-Handelspolitik für die globale Wirtschaft. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Hoffnung auf Stabilität und Deeskalation oder die Furcht vor weiteren Handelskonflikten und Marktverwerfungen die Oberhand gewinnt. Die Frage, ob dies der Beginn einer neuen globalen Wirtschaftsordnung ist oder lediglich ein vorübergehender Sturm im Wasserglas, bleibt vorerst unbeantwortet und wird die Anleger weltweit weiterhin beschäftigen.
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