US-Handelspolitik: Eskalation!

Die US-Handelspolitik mit hohen Zöllen belastet besonders asiatische Exporteure und führt zu globalen wirtschaftlichen Verwerfungen. Zentralbanken reagieren mit unterschiedlichen Maßnahmen.

Die Kernpunkte:
  • Chinesische Exporteure verkaufen teils unter Selbstkosten
  • Indische Zentralbank senkt Zinsen deutlich
  • EZB sieht stabiles Lohnwachstum in Eurozone
  • Bank of England warnt vor Liquiditätsengpässen

Die globalen Finanzmärkte und die Weltwirtschaft stehen unter Hochspannung. Die anhaltende US-Handelspolitik, geprägt von Zöllen und protektionistischen Maßnahmen, sendet Schockwellen durch internationale Lieferketten und zwingt Unternehmen sowie ganze Volkswirtschaften zu drastischen Anpassungen. Während einige auf eine baldige Entspannung hoffen, deuten die jüngsten Entwicklungen eher auf eine Verschärfung der Konflikte hin. Steht uns eine neue Phase globaler wirtschaftlicher Konfrontation bevor, oder finden die Akteure noch einen Ausweg aus der Zollspirale?

Asiens Exporteure im Würgegriff der Zölle

Besonders hart trifft die aktuelle Handelspolitik die exportorientierten Nationen Asiens. In China zeichnet sich ein düsteres Bild für viele Unternehmen. Jacky Ren, Eigentümer einer Fabrik für Küchengeräte, bringt die verzweifelte Lage auf den Punkt: Viele Exporteure seiner Branche verkaufen mittlerweile mit Verlust, nur um ihre US-amerikanischen Kunden nicht zu verlieren. Angesichts der Androhung noch höherer Zölle bleibt ihnen kaum eine andere Wahl. "Wenn du solche Aufträge nicht annimmst, stirbst du sofort. Also denken die Leute, es ist besser, langsam zu sterben," beschreibt Ren die bittere Realität.

Obwohl es kürzlich zu einer grundsätzlichen Einigung zwischen US-amerikanischen und chinesischen Offiziellen kam, um den Handelsfrieden wiederherzustellen und gegenseitige Exportbeschränkungen – etwa bei Seltenen Erden, wo China eine Quasi-Monopolstellung innehat – zurückzufahren, ist der Schmerz durch die US-Zölle in China tiefgreifend. Vor allem kleinere Exporteure, die ihre Produktion nicht rechtzeitig ins Ausland verlagert haben, leiden massiv. Der wachsende Druck, unter Selbstkostenpreis zu verkaufen oder Löhne und Stellen zu streichen, um über Wasser zu bleiben, gibt Washington in den laufenden Verhandlungen zur Neugestaltung der Handelsbeziehungen einen empfindlichen Hebel gegenüber Peking. Experten wie Zhiwu Chen, Finanzprofessor an der Universität Hongkong, warnen: "Wenn das länger als drei oder vier Monate andauert, werden viele dieser kleinen und mittleren Unternehmen es nicht mehr aushalten können." Dies sei definitiv ein Verhandlungspfand für die Vereinigten Staaten.

Die Statistiken untermauern diese Einschätzung: Die Zahl der verlustmachenden chinesischen Industriebetriebe stieg im April dieses Jahres, als die Zölle besonders hoch waren, im Jahresvergleich um 3,6% auf über 164.000 – das sind erschreckende 32% aller erfassten Unternehmen. Die industrielle Kapazitätsauslastung fiel im ersten Quartal 2025 auf 74,1%, nahe einem Rekordtief. Auch wenn Chinas Gesamtexportwachstum im Vormonat Mai mit 4,8% auf den ersten Blick widerstandsfähig erscheint, verbirgt sich dahinter ein ruinöser Preiskampf unter den Herstellern. "Die Leute vergessen, aber das aktuelle Zollniveau ist bereits ziemlich schmerzhaft," kommentiert Alicia Garcia-Herrero, Chefökonomin für Asien-Pazifik bei Natixis. Sie sieht hier eine Schwäche für Peking, warnt aber gleichzeitig, dass dies "keine große Karte" für Washington sei, da die USA mit eigener hoher Inflation und Produktknappheit zu kämpfen hätten.

Auch Japan blickt mit großer Sorge auf die Entwicklung. Die Regierung in Tokio bekräftigte kürzlich in ihrem Monatsbericht für Juni ihre Warnung vor den Risiken der US-Zölle für das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne. Bereits im ersten Quartal 2025 schrumpfte Japans Bruttoinlandsprodukt um annualisierte 0,2%, noch bevor neue US-Importzölle angekündigt wurden. Die Unsicherheit durch die US-Handelspolitik wird als wesentlicher Risikofaktor genannt. Viele japanische Firmen halten sich angesichts der unklaren Lage mit Finanzprognosen zurück; die tatsächlichen Auswirkungen auf die Erträge dürften erst in den Daten für das zweite Quartal oder später sichtbar werden.

Globale Unsicherheit: Zentralbanken im Krisenmodus

Die Verwerfungen durch die US-Handelspolitik bleiben nicht auf Asien beschränkt, sondern befeuern eine globale wirtschaftliche Unsicherheit, auf die Zentralbanken weltweit reagieren – allerdings mit unterschiedlichen Strategien.

Die indische Zentralbank (Reserve Bank of India, RBI) hat kürzlich mit einer überraschend deutlichen Zinssenkung von 50 Basispunkten und einer gleichzeitigen Reduzierung der Mindestreserveanforderungen für Banken (CRR) um 100 Basispunkte reagiert. Diese aggressive Lockerung der Geldpolitik zielt darauf ab, den Binnenkonsum und die Investitionstätigkeit in der fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt anzukurbeln. Die RBI nutzt dabei den Spielraum, den eine sich abkühlende Inflation bietet, während die globalen Unsicherheiten, explizit auch durch die US-Zolldrohungen, zunehmen. Die Maßnahmen sollen insbesondere Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen (KKMU) unterstützen, die für Arbeitsplätze und einen erheblichen Teil des indischen Bruttoinlandsprodukts verantwortlich sind. RBI-Gouverneur Sanjay Malhotra betonte, Ziel sei ein höheres Wachstumsniveau von 7% bis 8%. Ob dieser Plan aufgeht, hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die Banken ihre Kreditvergabe tatsächlich ausweiten und ob Unternehmen in dem unsicheren Umfeld bereit sind, neue Schulden aufzunehmen. Banker erwarten vor allem eine Belebung bei Hypotheken, KKMU-Krediten und Goldkrediten.

Zur angespannten globalen Gemengelage tragen auch geopolitische Spannungen bei. So wies Chinas Botschaft in Großbritannien kürzlich scharf die Vorwürfe von NATO-Generalsekretär Mark Rutte zurück, Peking betreibe eine massive militärische Aufrüstung und arbeite dabei mit Russland, Nordkorea und dem Iran zusammen. Solche diplomatischen Scharmützel mögen nicht direkt die Finanzmärkte bewegen, verstärken aber das allgemeine Klima der Unsicherheit.

In der Eurozone wiederum lieferte der monatliche Lohn-Tracker der Europäischen Zentralbank (EZB) zuletzt Hinweise auf ein Lohnwachstum von 3,1% für dieses Jahr. Die EZB sieht dies als konsistent mit ihrem Inflationsziel von 2%. Dies könnte als Zeichen einer gewissen Stabilität gewertet werden, stellt jedoch keine Entwarnung dar, sollten sich externe Schocks aus Handelskonflikten weiter verschärfen.

Im Vereinigten Königreich hat die Bank of England (BoE) die Banken des Landes eindringlich dazu aufgerufen, ihre Liquiditätsstrategien zu überdenken und sich auf ein sich veränderndes Umfeld einzustellen. Vicky Saporta, Exekutivdirektorin für Märkte bei der BoE, erklärte, dass fortgesetzte Anleiheverkäufe durch die Zentralbank und anstehende Kreditrückzahlungen die Liquidität im Finanzsystem reduzieren würden. Ein effektives Liquiditätsmanagement sei entscheidend, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Leitzinsen der Zentralbank ihre Wirkung in der Breite der Wirtschaft entfalten. Die BoE schätzt, dass das Finanzsystem bereits im zweiten Quartal des kommenden Jahres den "bevorzugten Mindestreservebereich" erreichen könnte. Banken müssten sich darauf einstellen, routinemäßig und in größeren Volumina Kredite bei der BoE aufzunehmen. Begleitend kündigte die BoE eine Ausweitung ihrer Indexed Long-Term Repo (ILTR) Fazilität an, wodurch sich die potenziell bereitstellbare Liquidität auf 840 Milliarden Pfund erhöht. Diese Maßnahmen sind zwar primär technische Anpassungen, erfolgen aber vor dem Hintergrund eines zunehmend volatilen globalen Wirtschaftsumfelds.

Die Last der Anpassung: Von Unternehmensnöten bis zur Kreditklemme

Die makroökonomischen Verwerfungen durch die US-Handelspolitik haben sehr konkrete Folgen für Unternehmen und Arbeitnehmer. In China sehen sich Firmen gezwungen, Löhne zu kürzen, Zahlungen zu verzögern oder Personal zu entlassen, um die Folgen der Zölle und des damit einhergehenden Preisdrucks abzufedern. Candice Li, Marketingmanagerin bei einem Medizintechnikhersteller in Südchina, berichtet von ausstehenden Lohnzahlungen und neuen, harten Forderungen von US-Kunden, die beispielsweise Anzahlungen verweigern und Zahlungsziele von 120 bis 180 Tagen nach Lieferung durchsetzen wollen. "Sie haben uns im Würgegriff," so Li. Ein Viertel der Belegschaft habe das Unternehmen bereits verlassen.

In Japan führt die Unsicherheit dazu, dass viele Unternehmen, wie erwähnt, von detaillierten Geschäftsprognosen absehen, was die Planbarkeit erschwert. Und in Indien, trotz der unterstützenden Maßnahmen der Zentralbank, bleibt abzuwarten, ob die Geschäftsbanken ihre traditionelle Zurückhaltung bei der Kreditvergabe an oft als risikoreicher eingestufte kleine und mittlere Unternehmen überwinden. In der Vergangenheit führten Sorgen über notleidende Kredite bereits zu einer restriktiveren Kreditvergabe.

Ausblick: Zwischen Hoffnung und Bangen

Die US-Handelspolitik bleibt ein zentraler und unberechenbarer Faktor für die Weltwirtschaft. Die Reaktionen sind vielfältig und reichen von verzweifelten Überlebenskämpfen einzelner Unternehmen über nationale Konjunkturprogramme bis hin zu präventiven Maßnahmen der Zentralbanken zur Sicherung der Finanzstabilität. Ob die jüngsten diplomatischen Annäherungen zwischen den USA und China eine nachhaltige Trendwende einleiten oder nur eine kurze Atempause in einem sich weiter zuspitzenden globalen Handelskonflikt darstellen, ist derzeit völlig offen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es gelingt, die "langsamen Tode" vieler Unternehmen abzuwenden und eine tiefere Wirtschaftskrise zu verhindern. Die Frage, ob nationale Interessen weiterhin Vorrang vor internationaler Kooperation haben werden, dürfte die spannendste und zugleich kritischste der nahen Zukunft sein. Eines ist sicher: Für Anleger und Unternehmen bleibt das Umfeld herausfordernd und von hoher Unsicherheit geprägt.

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