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Vorstandsinterview Exklusiv: niiio finance group: „Niiio ist der perfekte Nukleus für Skalierbarkeit und Konsolidierung“

Die Bankenbranche befindet sich im Umbruch, die Digitalisierung erfordert neue Lösungen. Hier kommt die niiio finance group ins Spiel, die mit Ihrer munio.pm-Plattform die Wertschöpfungskette im Wertpapierbereich nahtlos aus einer Hand abdeckt – und das als zukunftssicheres Software-as-a-Service-Modell. Die erfolgreiche Platzierung einer Wandelanleihe im Volumen von fünf Mio. Euro eröffnet niiio nun neue Möglichkeiten bei der Expansion. Bei der Branchenkonsolidierung will die Gesellschaft eine führende Rolle einnehmen. BÖRSE GLOBAL sprach mit niiio-CEO Johann Horch über das Reverse-Take-over der Banken-IT, Kosteneinsparungen von über 80 % sowie die Zukunftsfelder Robo-Advisory und Blockchain/Distributed-Ledger-Technologie.

Herr Horch, die Bankenbranche befindet sich inmitten einer grundlegenden Transformation. Was sind aus Ihrer Sicht, vor dem Hintergrund des starken Digitalisierungsschubs, die größten Herausforderungen für die großen Bankhäuser?

Johann Horch: Bei der anstehenden Transformation finden die großen Bankhäuser keine passenden Angebote, um sich schnell zu transformieren. Der Anbietermarkt, sprich der Markt der Softwareanbieter, ist aktuell noch sehr fragmentiert, was den Banken die Transformation unnötig erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Es gibt derzeit in Europa keinen Anbieter, der den Banken die Wertschöpfungskette aus einer Hand anbieten kann.

Die niiio finance group hat sich mit seiner munio.pm-Plattform einen Namen in der Bankenwelt gemacht, u. a. durch die Kooperation mit Merck Finck. Was steckt hinter dieser Plattform?

Johann Horch: Die Plattform ermöglicht es Privatbanken die Wertschöpfungskette im Wertpapierbereich nahtlos aus einer Hand bruchfrei zu bekommen – nd das als zukunftssicheres Software-as-a-Service-Modell.

In welchen Bereichen könnte niiio auch anderen großen Banken entscheidende Vorteile bringen?

Johann Horch: Eine skalierbare SaaS-Plattform hat mehrere Vorteile. Die einmaligen Kosten der Umstellung sind bis zu 80 % geringer und die Time-to-Market wird mehr als halbiert. Der laufende Cloud-Betrieb ermöglicht Skalierbarkeit und eine schnelle Amortisation der Kosten. Auf den Punkt gebracht: Die Bank kann wieder Geld verdienen.

Auch andere Fintechs kennen die Bedürfnisse der Banken. Wie hebt sich die niiio dabei hervor?

Johann Horch: Niiio ist der perfekte Nukleus für Skalierbarkeit und Konsolidierung. Wir haben bewiesen, wie man effizient und bruchfrei eine durchgehende Wertschöpfungskette als SaaS anbietet. Im Gegensatz zu Produkt- oder Kundenunternehmen ist niiio ein Capability-Unternehmen. Das bedeutet, niiio ist darauf vorbereitet, die Integration zu stemmen.

Sie sprechen die Konsolidierung an: Sie haben in der Vergangenheit mehrfach betont, dass der Markt der Softwareanbieter im Bereich Asset- und Wealth-Management „reif“ sei für die Konsolidierung. Welche Rolle will und kann die niiio bei dieser Konsolidierung spielen und wie wollen Sie mit Akquisitionen Mehrwerte für Ihre Aktionäre schaffen?

Johann Horch: Niiio kann und wird bei der Konsolidierung eine entscheidende Rolle spielen. Cloudbasierte Softwaremodelle sind nur dann effektiv, wenn sie die Wertschöpfung bruchfrei schließen. Es beginnt mit dem Kunden-Onboarding und der Legitimationsprüfung, geht über die Digitalisierung der Verträge und die digitale Beratung sowie Abwicklung für die Geschäftsmodelle Advisory und Asset Management bis hin zum Ordering und der Anbindung an Kernbankensystemen.
Und hier kommt der wesentliche Punkt, der die Zukunft entscheiden wird: Wir sprechen vom Reverse-Take-over der Banken-IT. Die Banken werden ihre IT bis auf eine Grundversorgung abbauen. Somit sind sie gezwungen, sich an Plattformen anzudocken. Die Richtung der Integration wird also gedreht. Während früher die Integration in Richtung der Bank ging, ändert es sich jetzt und die Bank muss sich in Richtung einer Plattform andocken. Genau für dieses Geschäftsmodell sind wir vorbereitet.
Aus Sicht der Aktionäre verfolgt niiio das Multiple-Arbitrage-Modell: Es geht davon aus, dass sowohl die Firmen, die sich an niiio andocken als auch die Aktionäre gleichgerichtet von der steigenden Marktkapitalisierung profitieren werden.

Die geplante Übernahme der Coburger CORYX Software GmbH kommt allerdings nicht zustande. Könnten Sie uns bitte kurz die Hintergründe erläutern?

Johann Horch: Die Unternehmen, die wir suchen, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllen, damit wir unsere Aktionäre glücklich machen. Dazu gehören u. a. konkrete Umsatzvorgaben, Anzahl und Skillsets der Mitarbeiter und des Managements, Technologie und Unternehmens-DNA. Zudem müssen die Unternehmen einen strategischen Mehrwert für weitere Marktsegmente beitragen und nicht nur Nischenanbieter sein. Wir wollen unsere Energie in Wachstum investieren, bei Coryx wurden unsere Vorgaben nicht in Gänze erreicht. Dies zeigt die Notwendigkeit einer umfassenden Due-Dilligence-Prüfung. Unsere M&A-Pipeline ist gut gefüllt und wir sind zuversichtlich, hier schon bald ein erstes passendes Target präsentieren zu können.

Vor wenigen Tagen hat niiio die vollständige Platzierung der Wandelanleihe im Volumen von fünf Mio. Euro gemeldet. Was haben Sie mit dem Geld vor?

Johann Horch: Die Hälfte des Budgets werden wir in die Integration der neuen, im Rahmen der M&A-Aktivitäten hinzukommenden Beteiligungen investieren. Keines dieser Unternehmen kann sich neben dem Bestands- und Neukundengeschäft um Integration kümmern. Das übernimmt niiio. Die andere Hälfte investieren wir in Zukunftsfelder, wie Robo-Advisory und Blockchain/Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Im Bereich Blockchain/DLT werden wir eine neue Tochterfirma in Mittweida gründen.

Mit der Volksbank Mittweida eG haben Sie auch einen neuen strategischen Investor gefunden. Ist das eine reine Finanzbeteiligung?

Johann Horch: Die Volksbank Mittweida eG ist der Innovationshub der genossenschaftlichen Banken im Bereich von Blockchain. Durch das Startup-Netzwerk Werkbank 32 und die Anbindung an die Hochschule Mittweida ist in Mittweida ein Blockchain-Innovationszentrum entstanden, aus dem bereits erfolgreiche Blockchainfirmen entstanden sind. Die Beteiligung der Bank bedeutet gleichzeitig eine Anbindung an die Hochschule und diesen Innovationhub. Auf diese Weise kommen wir an weiteres Know-how, gut ausgebildete Mitarbeiter, ein starkes Netzwerk und neue Kunden heran.

Ihr Ziel ist es, „die digitale Emission, Verwahrung, Depotführung und den anschließenden Handel von Wertpapieren auf einem Distributed Ledger zu ermöglichen“. Wie weit sind Sie mit diesem Projekt schon fortgeschritten? Und welche Potenziale sehen Sie dort für die niiio?

Johann Horch: Wir haben einen Proof of Concept mit unserem Partner gebaut, der einen technischen POC darstellt. Dadurch kann gezeigt werden, wie man Aktien als Token emittiert und diesen verwahrt. Im Rahmen der Verwahrung ziehen wir auch die Depotführung an uns. Der Handel ist dann nur noch eine logische Konsequenz. Wir treten dadurch langfristig in den Markt für Depotführung, Handel und Verwahrung ein. Mit den ersten beiden Punkten werden wir weltweit agieren. Die Verwahrung entfaltet zudem ein riesiges Einsparungspotenzial im Vergleich zu bspw. Clearstream heute.

Besitzt die niiio finance group bereits das notwendige Know-how, um im Zukunftsmarkt Blockchain eine tragende Rolle zu spielen?

Johann Horch: Wir beschäftigen uns seit mehreren Jahren mit dem Themenkomplex. Mit Axel Apfelbacher haben wir einen anerkannten Strategen an Bord, der die regulatorischen und strategischen Themen vorantreibt. Und mit Marko Modsching haben wir einen Technikprofi, der die Technologien mit seinem Team umsetzt und die Entwicklung vorantreibt. Sicher ist aber, dass wir uns kurzfristig personelle Verstärkung auf allen Ebenen holen werden. Dazu haben wir ja das Geld eingesammelt.

Sie haben auch den Ausbau des Geschäftsfelds RoboAdvisory angesprochen. Wie ist die niiio aktuell dort aufgestellt und was sind die nächsten Schritte?

Johann Horch: Unser bestehendes Modell des Software-as-a-Service als Vermietung der technologischen Plattform entwickelt sich sehr dynamisch. Das Wachstum der Assets unter Management lag im vergangenen Quartal bei 50 % und somit weit höher als im Marktdurchschnitt. Wir wollen in Zukunft verstärkt in Algorithmik investieren und damit unsere Wertschöpfungskette vertiefen.

Neue Robo-Advisory-Angebote schießen wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Wie wollen Sie sich mit dem neuen Algo-Robo-Advisor von der Konkurrenz abheben?

Johann Horch: Je mehr Robo-Advisor-Anbieter auf den Markt kommen, desto größer ist unser Absatzmarkt. Unser Angebot besteht darin, den Robo-Advisors eine schlüsselfertige Technologie und Algorithmik zu liefern. Robo-Advisor ist eine digitale Vermögensverwaltung, die aus zwei Elementen besteht, einer Vermögensverwaltungslizenz und einer Technologie. Wir liefern die Technologie. Somit hat jedes Robo-Advisor-Start-up die Alternative entweder viel Geld in den Bau einer eigenen Plattform zu investieren oder unsere Plattform as-a-Service zu nutzen und innerhalb von wenigen Wochen online zu gehen. Beispielsweise haben wir unseren Robo-Advisor Smavesto bei der zweiten Sparkasse in Duisburg innerhalb von wenigen Tagen ausgerollt.

Sie persönlich haben in den vergangenen Monaten regelmäßig niiio-Aktien ge-, aber auch auch verkauft. Was steckt hinter diesen Transaktionen?

Johann Horch: Ich kaufe regelmäßig niiio-Aktien, weil ich an das Unternehmenglaube. Verkäufe habe ich nur getätigt, um Investoren den Einstieg zu ermöglichen und im Gegenzug habe ich denselben Betrag wieder in die niiio investiert. Wie bereits mehrfach dargelegt, können manche institutionelle Investoren nur Zahlung gegen Lieferungsgeschäfte eingehen, d. h. sie können die Aktien nicht zeichnen, sondern müssen diese einbuchen. Aus diesem Grund habe ich meine Aktien verkauft und mich im Gegenzug im Gegenwert wieder eingedeckt, in dem ich gezeichnet habe.

Wie sieht Ihre mittelfristige Vision mit der niiio finance group aus, wenn die Gesellschaft die vorhandenen Potenziale zu nutzen weiß?

Johann Horch: Der Markt konsolidiert. In zehn Jahren wird es maximal fünf dominierende Anbieter in Europa geben. Der potenzielle Umsatz beträgt in unserem Markt derzeit mehr als drei Mrd. Euro. Wenn wir zu den fünf führenden Unternehmen gehören, haben wir unser Ziel erreicht.

Herr Horch, vielen Dank für das Interview.