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Vorstandsinterview Exklusiv: Rock Tech Lithium – So soll es weitergehen

Das deutsch-kanadische Start-up Rock Tech Lithium will im brandenburgischen Guben den ersten Lithium-Konverter in Europa errichten. Die Aktie spiegelt das noch nicht wider. Dirk Harbecke, CEO und Chairman des Unternehmens, erläutert die Hintergründe und skizziert sowohl die Finanzierung als auch den Zeitplan.

Wolfgang Böhm: Die Aktie von Rock Tech Lithium dümpelt seit Monaten vor sich hin und hat auf Sicht von einem Jahr mehr als die Hälfte an Wert verloren. Was läuft da schief?

Dirk Harbecke: Generell herrscht im Lithiummarkt derzeit Unsicherheit, weil in China die Preise an den Spotmärkten unter Druck stehen. Die größten Mengen werden aber bilateral, also direkt zwischen Lithiumproduzenten und Abnehmern wie Batteriefabriken gehandelt. Im Fall von Rock Tech kommt individuell dazu, dass der Markt derzeit nicht realisiert, welche Fortschritte wir jeden Tag machen. Manche potenziellen Investoren meinen, dass wir noch ganz am Anfang stehen. Unsere beiden Projekte, also die Mine in Kanada und der Konverter in Deutschland, sind aber bereits weit fortgeschritten. Wir erwarten im Herbst dieses Jahres die finale Genehmigung zum Bau und Betrieb des Konverters zu erhalten.

Da laufen ja gleich mehrere Projekte parallel, die Entwicklung der Mine in Kanada, die Planung des Konverters in Deutschland und die Verhandlungen mit möglichen Zulieferern, Abnehmern und potenziellen Investoren. Wie viele Mitarbeiter sind denn mit diesen Aufgaben beschäftigt?

Wir haben 70 Mitarbeiter in Kanada und Deutschland. Die meisten unserer Kolleginnen und Kollegen sind Bauingenieure, Chemiker, Geologen und Verfahrenstechniker. Komplettiert wird das Team mit international versierten Finanz- und Vertriebskollegen.

Da stellt sich natürlich die Frage nach der Finanzierung. Wie sieht es da konkret aus.

Für den Konverter rechnen wir nach wie vor mit einem Investitionsbedarf von 730 Millionen Euro. Für die Mine von circa 180 Millionen Euro. Es kommen in kleineren Umfang Kosten für das Hochfahren der Anlagen hinzu, diese haben wir aber bereits mitkalkuliert.

Ok. Gehen wir einmal von einem Gesamtpaket von 900 Millionen Euro aus. Woher soll das Geld stammen?

Wir gehen in etwa von 550 Millionen Euro Fremdkapital aus und 350 Millionen Euro Eigenkapital und Subventionen. Auf der Eigenkapital-Seite haben wir die Deutschen Bank für den Konverter und die kanadische Bank CIBC für die Mine mandatiert, an unserer Seite die Verhandlungen mit strategischen und Finanzpartnern zu führen, die auf dem Level unserer Tochtergesellschaften einsteigen wollen und damit den wahren Wert unserer Assets deutlich machen werden. Dann wird es Subventionen in einem größeren Umfang aus Berlin und Ottawa geben. Und wir sprechen mit verschiedenen institutionellen Investoren, die sich direkt an dem Konverter und der Mine beteiligen möchten. Diese Gespräche verlaufen alle parallel und schreiten sehr gut voran. Klar ist, die Mehrheit am Konverter und Mine wird bei Rock Tech bleiben.

Handelt es sich bei den Subventionen um günstige Kredite oder um Zuschüsse?

Wir reden hier über Zuschüsse, die dann als Eigenkapital gelten. Hier hat sich in den vergangenen Monaten das Umfeld verbessert. Das hängt mit dem Inflation Reduction Act in den USA zusammen, also dem Subventionsprogramm für grüne Industrien in den Vereinigten Staaten. Jetzt ziehen die Europäer nach, damit nicht zu viele Firmen in die USA abwandern.

Und was ist mit potenziellen Investoren?

Wir verhandeln mit großen Firmen aus den Bereichen Lithium, Batterieproduktion und Automobil. Ich komme grade von der größten globalen Lithiumkonferenz aus den USA zurück – unsere Verhandlungen sind voll auf Kurs, Europa und Kanada sind die nächsten Hotspots der Lithiumindustrie. Zurzeit entstehen in Europa bis zu 30 Batteriefabriken, die alle mit Lithiumhydroxid oder -karbonat versorgt werden müssen. Eine Absicherung der Lieferketten gibt es nur mit eigenen Konvertern in Europa. Das wissen mittlerweile auch die Politiker in Berlin und Brüssel. Die EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat erst vor wenigen Wochen vor einer zu großen Abhängigkeit von China gewarnt, da die EU derzeit noch bis zu 97 Prozent des benötigten Lithiums von dort bezieht.

Die Produktion von Lithiumhydroxid ist in Europa aber spürbar teurer als in China.

Das ist grundsätzlich richtig. Aber zum einen geht es den Abnehmern darum, ihre Lieferketten abzusichern, wozu die Rohstoffgewinnung und die Veredelung in politisch zuverlässigen Ländern wie Kanada oder Deutschland angesiedelt sein muss. Zum anderen gelten hier wesentlich strengere Umweltstandards. Die Abnehmer wollen heute nicht nur wissen, welche Qualität das Lithiumhydroxid hat, sondern auch in welchem Maß die Produktion die Umwelt belastet. Und am wichtigsten: Es ist eine große Herausforderung, Lithium in Batteriequalität herzustellen. Wir haben in Deutschland exzellent ausgebildete Experten und ein großes Know-how in der Chemie- und Recyclingindustrie, was ein wichtiger Faktor für unsere Standortwahl ist.

Wann ist denn bei den Finanzierungsverhandlungen mit konkreten Ergebnissen zu rechnen?

Wir verhandeln mit großen globalen Konzernen – das dauert immer seine Zeit. Aber wir reden hier von Wochen statt Monaten, bis wir etwas verkünden können.

Wie lange reichen denn die derzeit noch vorhandenen Mittel, um Rock Tech am Laufen zu halten?

Unsere Run Rate ist immer davon abhängig wie viel Investitionen wir in unsere Projekte stecken. Wenn wir die Investitionen runterfahren und nur unsere nötigen Mittel ausgeben, um unsere Operations weiterlaufen zu lassen, sind wir bis ins nächste Jahr gesichert. Das ist aber ganz klar nicht unser geplantes Szenario. Wir werden in den nächsten Wochen große Schritte in der Finanzierung machen, auf dem Asset-Level und mit den Subventionen, und dann weiter investieren; in den Einkauf von Komponenten, den Baubeginn, den Ausbau und Exploration der Mine und den Aufbau des Teams.

Welche Punkte gibt es außer der Finanzierung zu klären.

Das betrifft zum einen die Energiepreise, die nach und nach zurückkommen und nicht mehr weit von dem Niveau entfernt sind, das vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine geherrscht hat. Zum anderen stellt sich die Frage, wie Baufirmen verfügbar sind, wenn der schreckliche Krieg in der Ukraine einmal vorbei ist. Das Land muss ja wieder aufgebaut werden. Deswegen verhandeln wir bereits ganz konkret mit Firmen zum Beispiel aus Tschechien oder Polen, um uns deren Kapazitäten zu sichern.

Wie sieht die Zeitachse für den Konverter konkret aus?

Wir planen, mit dem Bau des Konverters noch im Herbst zu beginnen. Ziel ist es, die Anlage dann bis Frühjahr 2025 fertigzustellen. Das geht so schnell, weil wir bereits exakt ausgearbeitete Baupläne haben. Den ersten Output werden wir dann abSommer 2025 haben. Beim Hochfahren der Anlage werden wir aber erwartungsgemäß noch kein batteriefähiges Lithiumhydroxid produzieren. Wir haben aber für alle Qualitäten Abnehmer. Wir planen, batteriefähiges Lithiumhydroxid ab Q1 2026 zu produzieren.

Und was ist mit der Mine im kanadischen Georgia Lake?

Die erschließen wir parallel. Unser Ziel ist es, dass wir in Kanada im 2. Halbjahr 2025 mit der Produktion beginnen. Auch hier verhandeln wir mit strategischen Investoren, die sich an dem Projekt beteiligen möchten, und vor allem das große Explorationspotenzial – wir haben erst zehn Prozent unseres Landes untersucht – ausschöpfen wollen.

Das dort geförderte Lithium wird dann im Konverter in Deutschland veredelt?

Möglicherweise, aber nicht unbedingt. In Nordamerika gewinnt das Thema Elektromobilität derzeit stark an Momentum. Daher evaluieren wir derzeit sehr konkret, unseren zweiten Konverter dort zu bauen, der dann mit Rohmaterial aus unserer Mine versorgt werden könnte. Dafür werden wir den Konverter in Deutschland als Blaupause nutzen.

Dann bräuchte Rock Tech aber einen Zulieferer von Spodumen, also lithiumhaltigem Gestein, für den Konverter in Deutschland.

Deswegen verhandeln wir auch mit großen Lithiumproduzenten. Hier können wir eine mögliche Minderheitenbeteiligung am Konverter in die Waagschale werfen. Dadurch können Lithiumproduzenten ihre Wertschöpfungskette verlängern, was natürlich attraktiv ist. Die Finanzmärkte haben jetzt selbst an den jüngsten Ankündigungen von großen Produzenten wie Pilbara gesehen, dass der Einstieg in Konverter der nächste strategische Schritt ist. Wir sind mit unserem Projekt in Europa und der angehenden Mine in Kanada bestens für Partnerschaften positioniert. Bei der Lithium-Konferenz vergangene Woche hatten wir einen sehr vollen Kalender.

Noch einmal zum Aktienkurs. Was wäre aus Sicht von Rock Tech ein angemessenes Niveau.

Als CEO und Chairman möchte ich keine Kursziele ausrufen. Das fände ich nicht seriös. Ich kann aber zwei Dinge dazu sagen: Ich bin nach wie vor der größte Einzelaktionär und habe in den vergangenen Monaten nicht ein Stück verkauft. Außerdem glaube ich, dass der Einstieg eines strategischen Investors entweder bei dem Konverter und/oder bei der Mine, den tatsächlichen Wert dieser Projekte verdeutlichen wird. Das wird dann auch der Kurs der Aktie widerspiegeln.

Disclaimer: Wolfgang Böhm arbeitet als Finanzjournalist und ist u.a. auch für Rock Tech Lithium tätig.