Weekend Call! – Zum aktuellen Marktgeschehen, ein „letztes“ Mal Wirecard, Blick auf ITM Power und Wasserstoff-Aktien, Nikola und Lufthansa

Liebe Leser,

die Sorgen um eine zweite Corona-Welle waren diese Woche Anlass für Gewinnsicherungen, insbesondere an der Wall Street. Allerdings sollten die Abschläge im richtigen Licht gesehen werden: Es ist nicht die Sorge um eine zweite Welle oder gar einen Lockdown, sondern die Sorge, dass die Wirtschaft sich langsamer erholt als gedacht. Beide Sorgen halte ich allerdings für unbegründet.

Denn die erste Welle fand tatsächlich nie ein Ende. Und Lockdowns bleiben wohl auch ausgeschlossen, denn der Lockdown war ein Versuch der Regierungen, das Virus zu stoppen. Tatsächlich wurde es nur abgebremst, was zur Folge hat, dass solange kein Impfstoff vorhanden ist, die Welt mit diesem Risiko leben wird. Denn die Kollateralschäden durch einen zweiten oder dritten Lockdown wären zweifelsohne sehr viel verheerender als eine Ausweitung der Pandemie und kaum zu rechtfertigen. Es mag kalt klingen, aber für die Märkte ist Corona weitgehend verarbeitet.

Die erste Phase der Erholung aus dem Tal ist fast abgeschlossen. Die Lockerungen bringen an vielen Stellen eine Rückkehr zu Normalität und auch aus der Wirtschaft kommen eher zuversichtliche als skeptische Töne. Das zeigten bereits die ZEW-Umfrageergebnisse der Finanzbranche ebenso wie die ifo-Daten dieser Woche und auch das haben die Kurse hervorragend antizipiert.

Doch nun geht es um die zweite Phase, die der Sondierung und Auswertung der gewinnenden Unternehmen und solcher, die nachhaltig angeschlagen sind. Aus diesem Grund rücken denn auch bald wieder die Quartalsergebnisse für das 2. Quartal in den Vordergrund. Diese dürften sozusagen das Corona-Fenster schliessen, denn die Daten für Q3 und dann Q4 werden ausschließlich die Erholung reflektieren, wenn auch von Sektor zu Sektor höchst unterschiedlich.

Die Börsen werden über den Sommer hinweg dies abwarten. Das bekannte „Sommerloch“ ist in diesem Jahr also eine gute Chance, um die eigene Strategie zu überprüfen und das Depot für den Herbst/Winter auszurichten. Denn langweilig wird auch diese Zeit nicht werden, allein schon wegen der Präsidentschaftswahlen in den USA.

Trump oder Biden, das wird eine Kernfrage werden, welches gerade für die Wall Street von hoher Bedeutung werden kann. Zur Erinnerung: Nach der Wahl Trumps vor vier Jahren vollzog die Wall Street eine herausragende Rally, welche niemand erwartet hatte. Was also würde ein Präsident Biden bedeuten, was eine Wiederwahl Trumps? Es wird das Sommerthema werden.

Zu den Unternehmen und deren Aktien:

Zu Wirecard ist alles gesagt. Es gibt auch nichts mehr hinzuzufügen, außer dass alle (!) Beteiligten, direkt und indirekt, sich blamiert haben. Die Sehnsucht nach einer deutschen oder europäischen High-Tech-Antwort auf die Amerikaner und Chinesen machte offenkundig blind. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Wirecard kann daher als endgültiger Weckruf verstanden werden, ein Weckruf zu Gunsten einer seriösen Tech-Story ohne Tricks, Hype, mangelnder Professionalität und bitte auch ohne Größenwahn. Leider müssen wir eingestehen, dass wir am baldigen Entstehen einer solchen neuen Story zweifeln.

Auch in der Wasserstoff-Spekulation wird jetzt Dampf rausgelassen

Einer der Favoriten ist die hochgekochte ITM Power aus England. Gute Story, ausreichend Perspektive, aber der Kurs war zu sehr mit Euphorie aufgepumpt. Das ändert sich jetzt, denn die Überbewertung wird abgebaut. Erst konnte der Linde-Partner mit seinen Zahlen nicht zu 100% überzeugen und dann kam noch die Meldung, das ein amerikanischer Hedgefonds sich auf der Short-Seite positioniert: Voleon Capital Management hat eine Netto-Short-Position von 2,51 Millionen ITM-Aktien aufgebaut, was 0,53 % der gesamten Aktien entspricht.

Seit Wirecard wissen wir: Short-Spekulanten versuchen stets die Verunsicherung zu nutzen. Im Fall von ITM dürfte das nicht leicht fallen, denn diese Story wird u.a. auch von den politischen Entscheidungen zum Thema Wasserstoff getragen. Wir rechnen daher zunächst mit Kursen um die 2,00 Euro, um dann weitere Käufe zu empfehlen.

Die übrigen Kandidaten Ballard Power, Nel ASA, Plug Power und Hexagon zeigen sich davon eher unbeeindruckt, aber auch hier sollte mit schwachen Tagen gerechnet werden, da allesamt etwas zu sehr hochgefahren wurden. Die Regel bleibt: Nur schwache Marktphasen sollten für Neukäufe genutzt werden!

Und wo wir uns schon im Geiste von Wirecard mit heißer Luft beschäftigen: Was ist mit Nikola?

25 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung für ein Unternehmen, welches noch nicht ein einziges Fahrzeug auf die Straße gebracht hat, ist auch mit „ambitioniert“ nicht ausreichend beschrieben. Kein Witz: Per Ende März wies Nikola einen Umsatz i.H.v. 58.000 Dollar (!) aus, erzielt aus Servicearbeiten um Solarpanele. Und mit nunmehr 729 Mio. Dollar in der Kasse stellt sich Frage, ob dies ausreicht, um bis 2022 einen funktionsfähigen Wasserstoff-LKW auf die Straße zu bringen.

Laut CEO-Trevor Milton liegen Bestellungen für den Nikola Hydrogen Electric Truck i.H.v. über 14 Milliarden Dollar vor. Beeindruckend, 14 Milliarden Dollar? Wie lange wird das Unternehmen brauchen, um diese Aufträge zu erfüllen? Zudem dürfen seit dem 20.6. die Erstinvestoren Kasse machen, ihnen galt nach dem Börsengang ja eine Sperrfrist. Wir hatten dies hier (link) bereits kommentiert, also aufpassen! Sie wollen sich ja bitte schön nicht noch einmal die Finger verbrennen, oder?

Lufthansa: Wieder startklar?

Die Lufthansa-Rettung reißt wie erwartet niemanden vom Hocker, auch die Börse nicht. Das war zu erwarten, und wir hatten dies immer wieder unterstrichen. Der Staat ist kein guter Aktionär, und der LH-Chef weiß schon, warum er sofort ankündigt, wie er sich den Exit aus der Staatsbeteiligung vorstellt. Grüße von der Commerzbank! Für mich ist die Aktie mit dem Kranich sicher kein Kauf, solange Berlin im Hintergrund mitmischt!

Wie sehen die Perspektiven die kommende Woche aus?

Es ist Halbzeit im Börsenjahr, mit einer wilden Achterbahn in nie dagewesener Form. Jetzt gilt es nicht zu hinterfragen, warum dies so passiert ist, sondern was die Folgen sind. Marktspezifischer ausgedrückt, hängt der Verlauf der Dinge in den kommenden Monaten von einigen Schlüsselfragen ab:

  • Kann sich dieser Markt weiterhin wie eine frühe (oder gründlich erneuerte) Bullenphase verhalten, mit breiter Stärke, zyklischer Aktienführerschaft und der Fähigkeit, kurzfristige wirtschaftliche Krämpfe zu überstehen?
  • Wie viel mehr kann von den teuren Goliaths der Wachstumsaktien erwartet werden, wenn sie die Indizes vorantreiben, während die Anleger darauf warten, dass die Erholung an Fahrt gewinnt?
  • Liegt immer noch genug Geld und Vorsicht im Markt, um die Nachteile abzufedern und in den kommenden Monaten als Treibstoff für die Rallye zu dienen?

Mit der Beantwortung dieser Fragen wird nun begonnen. Auslöser dürfte die anstehende Berichtssaison für das zweite Quartal sein, aber nicht die Zahlen, sondern das, was die Manager zwischen den Zeilen zum Ausdruck bringen wollen. Denn allein daran wird sich die Börse orientieren.

Fazit: Schütteln Sie Wirecard ab! Schütteln Sie die Pandemie ab! Schütteln Sie auch die Sorgen eines weiteren Lockdown ab. Blicken Sie lieber weit in das kommende Jahr, denn dort wird entschieden, wer der besonnene Investor ist und der wer der Panik-Hamster!

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