Zollpoker: Weltwirtschaft unter Druck
Neue US-Zölle und makroökonomische Spannungen drücken Konjunktur und Unternehmensgewinne, während Deutschland widerstandsfähig bleibt.

- Caterpillar erwartet hohe Zollbelastungen und Margendruck
- Deutsche Exporte profitieren von Vorzieheffekten
- US-Staatsschulden erreichen Rekordniveau
- Bank of England könnte Zinsen senken
Der globale Zollpoker verschärft sich und hält die Weltwirtschaft fest im Griff. Angesichts neuer handelspolitischer Offensiven, insbesondere aus den USA, navigieren Unternehmen und Märkte durch ein Minenfeld aus Unsicherheit, Inflationsdruck und konjunkturellen Fragezeichen. Von den Produktionshallen Caterpillars über die Tech-Schmieden von EPAM Systems bis hin zu den Exportnationen wie Deutschland – die Auswirkungen sind spürbar und zwingen zu Anpassungen. Doch was bedeutet dieser Cocktail aus protektionistischen Maßnahmen und makroökonomischen Verwerfungen konkret für Wachstum, Stabilität und die Anleger?
Gift für die Konjunktur: Der globale Zollpoker
Die Ankündigungen aus Washington unter US-Präsident Trump, Zölle als Allzweckwaffe einzusetzen – sei es zur Stärkung heimischer Arbeitsplätze, als Einnahmequelle oder als Verhandlungskeule – sorgen für anhaltende Nervosität. Das erklärte Ziel, Produktionskapazitäten zurück in die USA zu verlagern und "halb leere Fabriken" wiederzubeleben, stößt jedoch auf Skepsis. Analysten von Wells Fargo verweisen auf die kapitalintensive Natur der US-Industrie und den massiven Investitionsbedarf von rund 3 Billionen US-Dollar, um eine Trendwende bei den seit den 1970er Jahren schrumpfenden Industriejobs zu erreichen.
Die direkten Konsequenzen spüren international agierende Konzerne wie Caterpillar. Der Baumaschinenriese rechnet für dieses Jahr mit Belastungen durch Zölle zwischen 250 und 350 Millionen US-Dollar, was bereits im zweiten Quartal 2025 zu einem Margendruck von 200 Basispunkten führen dürfte. Zwar zeigt sich das Unternehmen zuversichtlich, diese Effekte bis 2026 zu kompensieren, doch kurzfristig bleibt die Profitabilität unter Beobachtung. Gleichzeitig kämpfte Caterpillar im ersten Quartal dieses Jahres mit einem Umsatzrückgang von 9,8 Prozent, vor allem getrieben durch Schwäche im Bausektor. Auch für das Gesamtjahr 2025 wird ein leichter Umsatzrückgang erwartet.
Auch die deutsche Exportwirtschaft spürt den Gegenwind. Ein Teil des Wachstums im ersten Quartal, insbesondere bei Pharma- und Automobil-Exporten, führen Analysten der Deutschen Bank auf Vorzieheffekte zurück – Unternehmen lieferten aus Sorge vor künftigen Zöllen früher. Für Technologie-Dienstleister wie EPAM Systems bedeuten die zollbedingten Unsicherheiten ebenfalls ein Damoklesschwert, da sie die Investitionsbereitschaft von Unternehmen im Technologiesektor dämpfen könnten. Die Zölle wirken zudem tendenziell inflationssteigernd, wie Marktbeobachter von Yardeni Research mit Blick auf bereits von Trump implementierte Maßnahmen unterstreichen.
Schulden, Zinsen, Inflation: Das makroökonomische Spannungsfeld
Neben dem direkten Zollkonflikt belasten massive makroökonomische Ungleichgewichte die Stimmung. In den USA schwellen die Staatsschulden auf ein Rekordniveau von 36,2 Billionen US-Dollar an, was Sorgen vor einer handfesten Schuldenkrise nährt. Die Ratingagentur Moody’s hat bereits reagiert und die Kreditwürdigkeit der US-Regierung herabgestuft. Die Renditen für langlaufende US-Staatsanleihen klettern – die 30-jährige Anleihe knackte erstmals seit Oktober 2023 die Marke von 5,00 Prozent. Die Frage steht im Raum, ob die sogenannten "Bond Vigilantes" die 10-Jahres-Rendite nachhaltig über 5,00 Prozent treiben und damit tiefergehende Probleme signalisieren. Die Fiskalpolitik, insbesondere die Auswirkungen von Präsident Trumps "Big Beautiful Bill", die laut Schätzungen des Congressional Budget Office die Staatskasse über die nächste Dekade mit bis zu 2,3 Billionen US-Dollar belasten könnte, gießt zusätzlich Öl ins Feuer.
Auf der anderen Seite des Atlantiks kämpft die Bank of England weiterhin mit der Inflation, insbesondere im Dienstleistungssektor. Ökonomen von ING sehen hier jedoch Anzeichen einer Entspannung. Sie erwarten, dass die für die BoE maßgebliche Dienstleistungsinflation bis Juni auf rund 4,2 Prozent fallen könnte, deutlich unter den Prognosen der Zentralbank. Auch der Lohndruck lasse nach. Dies könnte der Bank of England Spielraum für Zinssenkungen eröffnen, wobei ING einen ersten Schritt im August und eine Senkung pro Quartal erwartet, mit einem niedrigeren Zinsziel als derzeit vom Markt eingepreist.
Überraschend robust zeigt sich indes die deutsche Wirtschaft. Nach einem Wachstum von 0,4 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres sehen Analysten der Deutschen Bank genügend Schwung, um eine Stagnation in diesem Jahr zu vermeiden. Gestützt wurde die Entwicklung vor allem durch einen Anstieg des privaten Konsums um 0,5 Prozent und der Investitionen um 0,9 Prozent. Selbst der Bausektor expandierte. Die Experten prognostizieren für das Gesamtjahr ein Wachstum von 0,3 Prozent und halten damit die Konsensprognosen für zu pessimistisch. Allerdings bleibt ein möglicher Anstieg der US-Zölle im Juli ein zentrales Risiko.
Navigieren im Sturm: So reagieren die Unternehmen
Angesichts dieser Gemengelage sind Unternehmen gezwungen, ihre Strategien anzupassen. Caterpillar setzt unter dem neuen CEO Joe Creed auf maximale operative Effizienz und Kundenzufriedenheit. Trotz der kurzfristigen Umsatzschwäche stimmt der um 26 Prozent im Jahresvergleich gestiegene Auftragsbestand optimistisch. Besonders die Nachfrage im Energieerzeugungssektor und aus dem Bereich Rechenzentren stützt das Geschäft. Caterpillar hält zudem an seiner beeindruckenden 55-jährigen Serie von Dividendenzahlungen fest und hat diese elf Jahre in Folge erhöht.
Der Technologiedienstleister EPAM Systems, der im ersten Quartal 2025 Umsatz und Gewinn über den Erwartungen meldete und seine Prognose für das Gesamtjahr anhob, begegnet den Unsicherheiten mit einem Fokus auf strategische Übernahmen (M&A) und Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E). Diese Initiativen haben bereits positiv zu den Ergebnissen beigetragen. Allerdings könnten geplante interne Investitionen kurzfristig die Margen belasten. Ein anstehender Führungswechsel, bei dem Gründer Arkadiy Dobkin in die Rolle des Executive Chairman wechselt und der bisherige Chief Revenue Officer Balazs Fejes CEO wird, markiert einen wichtigen Schritt, wird aber von Analysten überwiegend positiv als Zeichen der Kontinuität gesehen. 14 Analysten haben zuletzt ihre Gewinnschätzungen für EPAM angehoben, was auf Vertrauen in die kurzfristigen Aussichten hindeutet.
Ausblick: Kurs halten in unsicheren Gewässern
Die kommenden Monate dürften von anhaltender Unsicherheit geprägt sein. Yardeni Research rät Anlegern, sich anzuschnallen ("Fasten your seat belts"). Die Analystenmeinungen zur weiteren Entwicklung sind gespalten. Für Caterpillar geben die meisten Analysten neutrale Einschätzungen ab, wobei Kursziele Anfang Mai zwischen 309 US-Dollar (Baird) und 335 US-Dollar (Barclays) lagen. Bei EPAM sind Analysten trotz der makroökonomischen Risiken optimistischer, Barclays Capital bewertete die Aktie Anfang Mai mit "Overweight" und einem Kursziel von 200 US-Dollar. Die Deutsche Bank sieht die deutsche Wirtschaft widerstandsfähiger als der Marktkonsens.
Die große Frage bleibt, ob die aktuellen Verwerfungen lediglich temporäre Störungen sind oder Vorboten einer tiefergreifenden Krise. Interessanterweise sehen einige Experten selbst in einer potenziellen US-Schuldenkrise nicht nur Unheil: "Eine Schuldenkrise muss keine Katastrophe sein, wenn sie Washington zwingt, die US-Fiskalpolitik auf einen glaubwürdigen, nachhaltigen Kurs zu bringen", so Yardeni Research. Für Investoren könnte dies sogar eine langfristige Kaufgelegenheit für Aktien markieren.
Die Rolle der Zentralbanken wird weiterhin entscheidend sein. Neben der Bank of England könnten auch andere Notenbanken zu unkonventionellen Maßnahmen greifen, sollte sich die Lage zuspitzen. Die US-Notenbank Federal Reserve könnte beispielsweise laut Yardeni Research die Anleiheemissionen stärker auf kurzfristige Papiere verlagern ("Yield Curve Control by the Treasury") oder gar mit erneuter quantitativer Lockerung (QE) die Märkte stabilisieren. Für Anleger bedeutet dies, wachsam zu bleiben und die komplexen Zusammenhänge zwischen Handelspolitik, makroökonomischen Daten und Unternehmensstrategien genau zu beobachten. Der globale Zollpoker ist noch lange nicht entschieden.
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