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Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Wirecard, Lufthansa, American Airlines, Tesla, Fiat Chrysler und Virgin Galactic

Guten Abend,

der Fall Wirecard drückt wie schwüles Gewitterwetter auf die allgemeine Stimmung am deutschen Markt. Der Schreck, der Schock, die Verzweiflung und die Fassungslosigkeit sowie die Tatsache, dass viele Markteilnehmer mitverantwortlich sind für den Zusammenbruch dieser Story, sind erdrückend.

Seit dem ersten Artikel in der „Financial Times“ haben fast alle direkt oder indirekt Beteiligten weggeschaut. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, und wer an Wirecard zweifelte, geriet gleich in einen Shitstorm der Fangemeinde! Das haben wir nun davon und der deutsche Kapitalmarkt hat wieder einmal seine Provinzhaftigkeit unter Beweis gestellt. Stupid German Money!

Offensichtlich können wir es einfach nicht. Wir haben keine High-Tech-Story mehr im Köcher und selbst, wenn jetzt eine daherkäme, man würde es wohl nicht mehr glauben. Die Samwer-Brüder haben ja auch nur kopiert, was die Amerikaner erfunden haben, und wenn wir ehrlich sind, ist Zahlungsabwicklung zwar notwendig, aber auch nicht gerade High-Tech! Eigentlich macht Wirecard ja nur das, was die Banken verpennt hatten. Und nach dem Fiasko bei Wirecard bleiben vielleicht noch SAP und ein paar Spezialisten in der 2. oder 3. Reihe als Repräsentanten von German-Tech, aber darüber hinaus überlassen wir fast das gesamte Feld der Digitalisierung den Amerikanern und den Chinesen. Sie werden in Zukunft über uns bestimmen, denn sie haben unsere Daten. Und wer die Daten hat, gewinnt.

So, und was machen wir daraus? Ganz einfach. Wir blicken halt genau dorthin, wo die Musik spielt. Ob es uns nun gefällt oder nicht: die Trends der Zukunft werden in Übersee gemacht und deswegen sollten wir unser Geld auch dort primär anlegen. Sorry, Germany, better next time!

Die Lage auf einen Blick:

DAX: Nach dem Verfallstermin und dem Wirecard-Schreck bemüht sich der DAX erfolgreich um eine Stabilisierung auf hohem Niveau. Das ist einerseits schon recht bemerkenswert, denn wo stünde der DAX ohne Wirecard-Drittelung? Zum anderen ist es auch eine gute Basis für die anstehende Berichtssaison, der dann der müde und immer etwas träge Sommer folgt.

Wir alten Hasen sagen nicht umsonst dazu „Sommerloch“. In dieser Zeit rate ich jedem dazu, angefallene Gewinne mittels Stoppkursen abzusichern, das Depot kritisch zu durchleuchten und hier und da Barreserven aufzubauen (sollte kein Problem sein, denn teure Fernreisen sind ja dieses Jahr wohl eh nicht geplant, oder?)

Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq: Die Indices zeigen sich von den neusten Virus-Daten unbeeindruckt. Ist ja auch irgendwie klar, denn Sorgen um eine zweite Corona-Welle sind unbegründet. Die erste Welle fand ja tatsächlich nie ein Ende und auch das dürfte sich nicht ändern. Aus diesem Grund reagieren auch die Kurse an den Weltbörsen entspannt auf die erneut steigenden Corona-Daten aus den USA und weltweit. Weitere Lockdowns bleiben gleichfalls ausgeschlossen.

Der Lockdown war ein Versuch der Regierungen, das Virus zu stoppen. Tatsächlich wurde es nur stark abgebremst, was zur Folge hat, dass solange kein Impfstoff vorhanden ist, die Welt mit diesem Risiko leben muss. Denn die Kollateralschäden durch einen zweiten oder dritten Lockdown wären zweifelsohne sehr viel verheerender als eine Ausweitung der Pandemie und kaum zu rechtfertigen. Es mag kalt klingen, aber für die Märkte ist Corona abgehakt. Gerhard Schröder würde jetzt „basta“ rufen!

Heute auf der Agenda:

Wirecard: Das Ganze wird mit jedem Tag peinlicher. Mal eben 1,9 Mrd. Euro verschwunden, das muss man sich erst einmal trauen, als CEO mitzuteilen! Die zahlreichen Details, welche jetzt Schritt für Schritt aufgedeckt werden, insbesondere was das Drittpartnergeschäft in Asien betrifft, deuten allesamt daraufhin, dass die gesamte Führung der Wirecard AG schlicht und einfach keinen Schimmer davon hatte, was dort drüben eigentlich passiert. Wenn zudem 260.000 von den 300.000 Kunden, welche Wirecard stets genannt hatte, asiatische Kleinstunternehmer sind, dann sollte heute doch auch keiner überrascht sein, wenn sich dritte oder vierte Parteien an der dilettantisch geführten AG bereichert haben.

Es stellt sich eine einzige Frage: Kann das operative Geschäft gesichert und fortgeführt werden und passiert dies in der alten AG? Denn denkbar wäre: Die Banken setzen eine Trennung des Geschäfts von der AG wg. der unwägbaren Risiken durch und bringen es unter neuem Namen in Sicherheit und ihre Obhut. Die AG stirbt. Und mithin auch der Aktienkurs. Die Banken gewinnen, der Aktionär geht leer aus.

Bei der Lufthansa geht es jetzt ums Prinzip und um die Frage, ob der Staat als Aktionär die beste Lösung ist. Großaktionär Thiele hätte lieber eine Lösung via der KfW, was durchaus nachvollziehbar ist. Denn der Staat konnte schon bei der Commerzbank wenig ausrichten und warum sollte das bei der Lufthansa anders sein? Politik und Unternehmenssanierung passen nicht unter einen Hut, schon gar nicht, wenn es um Arbeitsplätze geht! Hoffentlich wird also neuverhandelt. Das wäre dann eine Befreiung für den Kurs der Aktie! Mein Rat: Bei Lufthansa dabei sein ist sicher keine schlechte Idee. Aber wenn Thiele scheitert, bin auch ich raus!

Kurz von der Wall Street:

Virgin Galactic hat mit der NASA einen Vertrag über die Entwicklung eines Rekrutierungs- und Trainingsprogramms für private Astronauten unterzeichnet, welche die Internationale Raumstation besuchen möchten. Neben Tesla und Amazon der Dritte im Bunde des Projektes „Major Tom“ und zweifelsohne eine echt klasse Story. Klar, Weltraumfliegen hört sich etwas abgedreht an, aber ich wette, es dauert nicht lange und hier entsteht ein Hype um die Hoheit der Umlaufbahnen!

American Airlines kündigte an, eine neue Finanzierung in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar anzustreben. Die Fluggesellschaft plant den Verkauf von Aktien und Wandelanleihen im Wert von 1,5 Mrd. Dollar sowie von vorrangig besicherten Schuldverschreibungen im Wert von 1,5 Mrd. Dollar und wird zudem eine neue Kreditfazilität in Höhe von 500 Mio. Dollar aufnehmen. Laut einem Bloomberg-Bericht, in dem Personen mit Kenntnis der Angelegenheit zitiert werden, könnte auch United Airlines diese Woche einen Schuldenverkauf in Höhe von 5 Milliarden Dollar starten. So und nicht wie im Falle Lufthansa sanieren sich die amerikanischen Airlines! Was ist so schwer daran, sich an diesen Bespielen zu orientieren? Beide Aktien sind und bleiben ein Kauf!

Laut Reuters steht Fiat Chrysler kurz davor, die Genehmigung der italienischen Regierung für einen Krisenkredit in Höhe von 7 Mrd. Dollar zu erhalten. Äh, Moment: Haben wir den Italienern nicht gerade mit fiskalischen Maßnahmen geholfen, die Folgen der Pandemie zu stemmen? Also rettet doch eigentlich der deutsche Steuerzahler Fiat Chrysler, oder etwa nicht? Oh Gott…!

Tesla – CEO Elon Musk sagte, der Autohersteller habe den 15. September als neuen vorläufigen Termin für sein jährliches Treffen sowie für seine Veranstaltung „Battery Day“ festgelegt. Beide waren zuvor für den 7. Juli geplant, wurden jedoch aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Termin in den Kalender eintragen! Der „Battery Day“ war schon immer ein Tag mit bahnbrechenden News und großspurigen Ankündigungen seitens Musk (die er aber auch irgendwie umgesetzt hatte). Zu Tesla habe ich alles gesagt, außer vielleicht, dass ich auch einen fahre 😉