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Vorstandsinterview Exklusiv: mVise – „Wir haben weitere große Kunden gewonnen“

Auch die mVISE AG konnte sich 2020 dem Corona-Umfeld und den damit verbundenen Projektkürzungen bzw. -verschiebungen nicht entziehen. Doch der Düsseldorfer Spezialist für digitale Transformation sendet positive Signale: „Unsere Auslastung hat sich deutlich verbessert“, verrät mVISE-Vorstand Manfred Götz im Interview mit BÖRSE GLOBAL. So hat u. a. die Tochter elastic.io einen großen White-Label-Kunden gewonnen. Mit dem aktuellen Kurs der mVISE-Aktie ist das Management nicht zufrieden: „Derzeit spiegelt der Aktienkurs aus unserer Sicht nicht einmal das Potenzial des Expert Services Bereichs wider“, ist sein Vorstandskollege Cedric Balzar überzeugt.

Herr Götz, Corona war im ersten Halbjahr das große Thema, das auch bei mVISE zu Projektkürzungen bzw. -verschiebungen in allen Bereichen geführt hat. Hat sich die Lage zwischenzeitlich entspannt und damit die Auftragssituation im zweiten Halbjahr verbessert? 

Manfred Götz: Nach ersten Projektverschiebungen und -kürzungen sehen wir bei unseren Kunden wieder konstante Beauftragungssituationen. Dadurch hat sich die Auslastung in den letzten Monaten wieder deutlich verbessert. Insbesondere ist es in den vergangenen Wochen sogar gelungen, einen weiteren Rahmenvertrag mit einem großen Telekommunikationskunden zu schließen und auch eine erste Ausschreibung zu gewinnen. Auch bei unseren Produkt-Töchtern elastic.io und SaleSphere haben wir zuletzt wieder einen Anstieg in Lizenzverkäufen verzeichnen können.

Welche Signale erhalten Sie derzeit vom Vertrieb mit Blick auf den nun stattfindenden zweiten Lockdown?

Manfred Götz: Aktuell verzeichnen wir noch keine Veränderung in der Auftrags- und Auslastungssituation durch diesen Teil-Lockdown. Die Betreuung der Bestandskunden funktioniert in dieser, von Pandemie geprägten Zeit nach wie vor problemlos. Sogar Neuprojekte sind umsetzbar. Komplizierter ist die Situation für die internationale Neukundengewinnung, insbesondere von Kunden aus den USA und weiteren Ländern mit Reisebeschränkungen. Diese Beschränkungen stellen ein Hemmnis für die Gewinnung von großen Aufträgen im Produktumfeld dar. Dennoch haben wir auch hier Erfolge erzielt, was zeigt, dass Vertrieb in diesen Tagen nicht unmöglich ist.

Am Markt wird neuerdings über einen größeren Auftrag spekuliert. Was können Sie uns dazu sagen bzw. das Gerücht zumindest bestätigten? 

Manfred Götz: Es ist richtig, dass elastic.io einen großen White-Label-Kunden gewonnen hat und darauf sind wir auch sehr stolz. Bei dieser Partnerschaft handelt es sich um eine Cloud-Banking-Plattform, die das Interesse verfolgt, die Integration von Datenquellen und Altsystemen Dritter für Kunden zu beschleunigen. Dies ermöglicht Banken und Kreditgebern Cloud-Technologien zu nutzen, um interessante Finanzprodukte und positive Kundenerlebnisse zu schaffen. elastic.io und der Neukunde kooperieren, da sie eine ähnliche Vision teilen und die Bedeutung von Ökosystemen für Finanzinstitute jeder Größe kennen. Durch dieses Projekt werden Kunden in die Lage versetzt, Altsysteme und Nicht-API-Lösungen als Teil der zusammensetzbaren Bankenarchitektur zu nutzen.

Es gibt aber auch einen Wermutstropfen, ihr Kooperationspartner Deutsche Telekom hat den Dienst flowground zum 31. Oktober eingestellt. Können Sie diese Entscheidung nachvollziehen und welche Auswirkungen hat dies auf mVISE beziehungsweise elastic.io?

Manfred Götz: Wir bedauern die Entscheidung der Deutschen Telekom. Dennoch gibt es neben diesem Wermutstropfen auch positive Seiten. Die Geschäftsbeziehung zu den Kunden läuft weiter. Eine Reihe von Kunden wurde auf die Plattform von elastic.io migriert und künftige Lizenzeinnahmen stehen der elastic.io ohne Abzüge zur Verfügung. Weiterhin plant auch die Deutsche Telekom die Plattform weiterhin zu nutzen, u. a. im Kontext mit anderen Kundesegmenten aus den Bereichen 5G Campus und im Kontext ihrer Internet-of-Things (IoT)-Lösungen. Somit bleibt uns die Deutsche Telekom auch weiterhin als Kunde mit interessanten Nutzungsszenarien erhalten.

Die Digitalisierungswelle baut sich – auch dank Corona – gerade auf, wie spiegelt sich das auch bei mVISE wider? in welchen Branchen sehen Sie den größten Digitalisierungsdruck und damit Chancen für elastic.io?

Manfred Götz: Derzeit sehen wir bei den Finanzdienstleistern die größte Bereitschaft das Thema Digitalisierung weitreichend anzugehen. Daher haben wir in unseren Vertriebs- und Marketing-Aktivitäten in den vergangenen Wochen hier auch einen besonderen Schwerpunkt gelegt. So haben wir z. B. Webinare mit Experten zu diesem Thema angeboten und dedizierte Vertriebskampagnen gefahren. Da wir in diesem Kundensegment schon einige sehr erfolgreiche Projekte abgeschlossen und Erfahrungen gesammelt haben, sehen wir uns hier in einer guten Position für weitere Neukunden und Projekte.

Herr Balzar, im laufenden Geschäftsjahr ist mVISE hinter den eigenen Ansprüchen zurückgeblieben. Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf 2021? Erwarten Sie auch Nachholeffekte? 

Cedric Balzar: Es ist korrekt, dass wir dieses Jahr hinter unseren ambitionierten Ansprüchen zurückgeblieben sind. Dieses Jahr läuft unter den Einflüssen der COVID-19-Pandemie auch in der mVISE anders als geplant. Wir sehen auf der einen Seite das recht stabile Beratungsgeschäft. Hier gab es einen geringfügigen Auslastungsrückgang nach Beginn des ersten Lockdowns. Wir konnten die Beauftragungssituation aber inzwischen wieder verbessern. Viele Kunden hatten nach der anfänglichen Unsicherheit Projekte ge- bzw. verschoben. Deutlicher zeigte sich die wirtschaftliche Unsicherheit im Produktbereich. Auch wenn wir uns weiterhin in vielen Angebotssituationen befinden, ist eine Konvertierung in Beauftragungen aktuell schwieriger. Viele Kunden haben ihre Budgets der Situation angepasst und verschieben entsprechend Investitionen.

Welche Möglichkeiten haben Sie, um beim Status quo die Margensituation zu verbessern, sprich wie flexibel ist mVISE beim Kostenmanagement?

Cedric Balzar: Grundsätzlich haben wir einige Möglichkeiten, die Kosten der Situation anzupassen. So haben wir bereits im Frühjahr begonnen, die Produktentwicklung deutlich herunterzufahren und nur noch kundenrelevante Produktentwicklungen umzusetzen. Daneben sind wir dabei, in den Projekten vermehrt externe Mitarbeiter durch interne Mitarbeiter zu ersetzen, um die Projektmargen zu steigern und Kosten zu reduzieren. Weiterhin überprüfen wir permanent alle nicht geschäftskritischen Ausgaben, ohne jedoch den Abläufen und der Qualität unserer Leistungen zu schaden

Kommen wir abschließend auf die mVISE-Aktie zu sprechen. Was sagen Sie zum aktuellen Kurs bzw. der Bewertung, die Ihnen von der Börse zugestanden wird?  

Cedric Balzar: Wir sind mit dem Aktienkurs nicht zufrieden, aber wir blicken nach vorne. Derzeit spiegelt der Aktienkurs aus unserer Sicht nicht einmal das Potenzial des Expert Services Bereichs wider. Die Produkte sind sicherlich in diesem Jahr unterhalb der Erwartungen geblieben, doch insbesondere hier gibt es Chancen für Investoren. Wir sind zuversichtlich, den bestehenden Investoren in den kommenden Jahren das Potenzial der mVISE zeigen und weiterhin neue Investoren überzeugen zu können.

Herr Götz, Herr Balzar, vielen Dank für das Interview.