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Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit DAX-Analyse, Airbus, Linde, HeidelbergCement, Paypal, Qualcomm und den Tech-Riesen

Guten Abend,

die Börse hat den Sommer-Blues. Anders möchten wir das gar nicht bezeichnen. Denn das, was offiziell heute für kräftige Abschläge in den Indices und Aktien sorgte, war eigentlich alles schon erwartet und eingepreist. Natürlich erschrecken manche Dimensionen, aber wir können es nicht oft genug sagen: Daraus entstehen keine neuen Trendaussagen. Dennoch:

Der Verantwortung als Chronisten folgend, wenigstens hier die „dramatischen“ Zahlen: Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 10,1 % gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Das war der stärkste Rückgang seit 40 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ergab sich ein Minus von 11,7 %. Noch schlechter sah es in den USA aus. Dort kam es zu einem echt historischen Wachstumseinbruch um 32,9 % auf annualisierter Basis. Das war zwar leicht besser als die -34,1 %, die zuvor prognostiziert waren. Doch in diesen Dimensionen fallen ein oder zwei Prozentpunkte mehr oder weniger wohl nicht ins Gewicht. Indes:

Das sollte nicht die Erkenntnis verstellen, dass dies nach aller Wahrscheinlichkeit der absolute Tiefpunkt der Corona-Krise gewesen sein wird. Die Fragestellung, die derzeit von einigen diskutiert wird, wie schnell sich die Wirtschaft wieder erholen kann, sorgt dabei sicherlich für zusätzliche Unsicherheit. Selbst die US-Notenbank hatte ja gestern nach ihrer Sitzung mit der Ankündigung, ihre Maßnahmen bis auf weiteres fortzuführen, eigentlich signalisiert, dass man nicht mit einer schnellen Erholung rechnet. Dennoch: Auch wenn es keine „dramatische“ Kehrtwende geben würde, gebe es dennoch eine Trendwende.

Die Frage, welche wir uns als Anleger und Analysten hierbei stellen müssen: Wie ordnet sich ein womöglich zeitlich länger gestreckter und flacherer Erholungstrend in die bisherigen Erholungstendenzen an den Börsen ein? Gibt es hier bereits wieder Bewertungen, die das Potenzial übererfüllt haben? Gibt es Aktien, die deshalb an Perspektive verlieren oder gibt es auch Titel, die jetzt wieder entdeckt werden sollten?

Das wird uns an dieser Stelle natürlich auch in den nächsten Wochen und Monaten weiter beschäftigen. Nach all dem, was wir allerdings im bisherigen Krisenverlauf kommentiert und umgesetzt haben, sind wir sicher, dass die Börse ihren Antizipationsmechanismus nicht verlieren wird.

Die Lage auf einen Blick:

DAX: Knapp 1000 Punktekorrektur in nur sieben Handelstagen – das ist schon mal eine Hausnummer. Allerdings ist aus technischer Sicht beim DAX nach wie vor alles im Rahmen, wenngleich durchaus herausfordernd. An dieser Stelle mal ein Blick auf die kurzfristige Charttechnik.

Den heutigen Handel beendete das deutsche Börsenbarometer quasi punktgenau auf seiner 50-Tage-Linie. Gleichzeitig ist es auf den unteren Rand der bei uns immer wieder gern herangezogenen Bollinger Bänder aufgeprallt. Und das bei überdurchschnittlichen Handelsumsätzen. Nicht gerade ein gutes Zeichen. Es könnte durchaus sein, dass der Index kurzfristig auch unter diese Unterstützung fällt. Im Bereich von 12.000 Punkten würden wir allerdings hier sowohl eine technische als auch eine psychologische Unterstützung sehen.

Ganz generell gilt nach wie vor unsere Einschätzung, dass die nächsten Wochen eher mau ausfallen werden, im Sinne eines nötigen Durchatmens nach der bisherigen Rallye. Zwar kann man nicht von vergangenen Szenarien auf das kommende schließen. Aber schauen Sie sich ruhig mal im gezeigten Chart die Rücksetzer Anfang Mai und Anfang Juni an und was danach folgte.

Dow Jones, S&P 500, Nasdaq: Dass es auch anders geht, zeigte bislang der amerikanische Markt. Denn sowohl Nasdaq Composite als auch Dow Jones liegen aktuell bei Redaktionsschluss leicht im Plus (S&P 500 leicht im Minus). Eine tolle Leistung angesichts der geschilderten zurückliegenden Rückgänge der Wirtschaftsleistung, was allerdings natürlich auch in gewisser Weise eine Trendaussage darstellt. Also auch hier gilt: Die nächsten Wochen werden dazu genutzt werden müssen, noch mal bestehende Engagements zu überprüfen, neue Chancen und Risiken zu gewichten, um dann für den Herbst fit zu sein. Denn dann, so unsere Überzeugung, werden sich die Märkte wieder deutlich nach oben orientieren.

Heute auf der Agenda:

Airbus hat im zweiten Quartal wie auch im gesamten ersten Halbjahr tiefroten Zahlen präsentieren müssen. In Q2 wurde ein Verlust die Akte von 1,84 € ausgewiesen. Der Konsens der Analysten (Factset) lag bei einem Verlust je Aktie bei nur 1,02 €. Auch die Umsätze blieben unter den Erwartungen. Hier setzte Airbus 8,32 Milliarden € statt erwarteter 8,52 Milliarden € um. Im gesamten ersten Halbjahr ging der Umsatz um 89 % auf 18,9 Milliarden € zurück. Operativ verlor man 945 Millionen € und netto betrug der Verlust 1,9 Milliarden €, nachdem man im Vorjahreszeitraum noch 1,2 Milliarden € verdient hatte.

Besondere Aufmerksamkeit legte der Markt allerdings auf eine andere Frage, nämlich auf die Liquidität. Im ersten Halbjahr lag der freie Cashflow bei -12,4 Milliarden €. Dadurch betrug der Nettobarmittelbestand per Ende Juni nur noch -586 Million €, nachdem man ein Jahr zuvor noch ein Plus von 12,5 Milliarden € bilanzieren konnte. Immerhin: Airbus glaubt, dass man im zweiten Halbjahr nun keine oder kaum noch Barmittel verbrennen müsse. Denn man hätte sich inzwischen sehr gut auf die neuen Marktbedingungen eingestellt.

Interessant die Reaktion an der Börse: Denn die Aktie konnte heute gegen den Trend zulegen. Was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass gestern gemeldet wurde, dass die ungarische Billigfluglinie Wizz Air im nächsten Jahr 30 neue Maschinen des Typs A321neo abnehmen wolle und damit fünf mehr als bislang geplant. An der Börse gilt das auch als gewisses Anzeichen, dass die Nachfrage sich hier langsam wieder normalisieren könne. Für die Aktie könnte es nun drauf ankommen, dass die Unterstützung bei 61 € verteidigt werden kann. Noch wäre es zu früh, hier schon wieder neue Käufe zu empfehlen, aber wir haben ein Auge drauf.

Ebenfalls neue Zahlen gab es vom Gase-Spezialisten Linde. Dieser konnte im zweiten Quartal besser abschneiden als erwartet. Der Umsatz ging zwar auf 6,4 Milliarden $ zurück (Vorjahr 7,2 Milliarden $). Erwartet worden war allerdings ein Rückgang auf 6,25 Milliarden $. Der operative Gewinn zeigte sich ebenfalls rückläufig. Um Sonderbelastungen bereinigt, ergaben sich allerdings 1,32 Milliarden $ Gewinn und damit blieb Linde auf dem Vorjahresniveau und besser als prognostiziert. Dennoch gab es im heutigen Umfeld für die Linde-Aktie nicht zu gewinnen. Angesichts der vorhergehenden Rallye nicht dramatisch. Wir würden zum weiteren Halten raten.

Deutlich schärfer nach unten ging es für HeidelbergCement. Im zweiten Quartal wies der Baustoffkonzern aufgrund umfangreicher Abschreibungen einen Verlust von rund 3 Milliarden € aus. Im Vorjahreszeitraum hatte man noch 290 Millionen € verdienen können. Allerdings war das kaum die Überraschung, da schon Mitte Juli die Eckzahlen für das zweite Quartal bekannt gegeben worden waren. Vielmehr verschreckte das Unternehmen wohl mit der Tatsache, dass man weiterhin keinen Ausblick auf das Gesamtjahr geben wolle. Folge: Die Aktie lag heute fast 6 % im Minus. Hier muss jetzt aufgepasst werden, ob nicht der bisherige Erholungstrend nachhaltig gebrochen wird. Wer drin ist, sollte darauf achten und hier entsprechen mit Stopp-Loss arbeiten. Neue Käufe sind derzeit nicht angezeigt.

Kurz von der Wall Street:

Heute ist gespanntes Warten auf die wichtigsten Tech-Aktien. Am bisherigen Tag hat es einigen Wirbel gegeben, nachdem die Vorstandschef der Internetriesen Amazon, Apple, Google und Facebook bei einer Anhörung vor dem US-Congress bezüglich ihrer Marktmacht heftige Kritik einstecken mussten. Ob daraus irgendetwas folgt, bleibt abzuwarten. Allerdings haben heute noch alle vier Werte ihren großen Auftritt, denn sie alle werden nachbörslich ihre Quartalszahlen vorlegen. Das könnte womöglich für die nächsten Tage eine Richtungsentscheidung bringen.

Ein kräftiges Plus nach Quartalszahlen kann der Zahlungsdienstleister PayPal verbuchen. Die ehemalige eBay-Tochter hatte schon gestern Abend ihre Daten präsentiert und dabei eine Verbesserung des Nettogewinns gegenüber dem Vorjahr stattliche 86 % auf 1,5 Milliarden $ ausweisen können. Der Umsatz kletterte gleichzeitig um 42 % auf 5,3 Milliarden $. Das Zahlungsvolumen verbesserte sich um 29 % auf 222 Milliarden $. Der Gewinn je Aktie betrug 1,07 $ und übertraf damit die Analystenprognose um stattliche 0,20 Dollar. Dafür gibt es heute einen kräftigen Aufschlag und von uns eine erneute Kaufempfehlung.

Die hat sich eigentlich auch Qualcomm verdient. Denn der Chipspezialist hat bei seinen Quartalszahlen ebenfalls eine kräftige positive Überraschung abliefern können. Der Gewinn je Aktie betrug 0,86 $ bereinigt, während die Prognose nur bei 0,71 $ je Aktie gelegen hatte. Auch die Umsätze lagen mit 4,89 Milliarden $ über den Erwartungen. Allerdings muss man hier auch sehen, dass im direkten Vergleich zum Vorjahr es deutlich geringere Zahlen waren. Im Vorjahr war allerdings ein signifikanter Milliardenbetrag aus einem Lizenzdeal mit Apple vereinnahmt worden.

Weitaus wichtiger war die Prognose. Denn für das angelaufene vierte Fiskalquartal rechnet Qualcomm nun mit 5,5-6,3 Milliarden $, was am oberen Ende über den Markterwartungen liegt. Das überrascht umso mehr, da Qualcomm das laufende Quartal für recht schwierig ansieht. Man rechnet unter anderem beim Smartphone-Absatz mit einem Rückgang um 15 %, was nicht nur Corona anzulasten wäre, sondern auch der verzögerten Einführung von neuen 5G-Telefonen. Auch wenn der Name nicht fällt, dürfte es sich hierbei bekanntlich um Apple handeln, die ihre Präsentation der neuen iPhone-Generation von September auf Oktober verschoben hat. Dennoch:

Die Aktie hat heute kräftig Rückenwind. Damit hat man auch die Widerstandszone um 96 $ überwinden können. Hier würden wir zwar den Kursen nicht hinterherrennen, Rücksetzer aber als Kaufgelegenheit ansehen.