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Wirecard: Das wird mal ein lesenswerter Krimi

Vor einigen Jahren habe ich mit großem Interesse und Vergnügen das Buch „Barbarians at the Gate“ von Bryan Burroug und Hohn Helyar gelesen, wo es um die damalige Übernahmeschlacht um RJR Nabisbco ging, dem damals größten Deal an der Wall Street. Heutzutage ein Klassiker und ich bin mir sicher, dass in wenigen Jahren unter den wirklich bedeutenden Wirtschaftsbüchern auch ein Buch über Wirecard zu finden sein wird. Denn:

Der ganze Skandal hat eigentlich alles, was einen Wirtschaftskrimi ausmacht: Geheimnisse, Lügen, unauffindbare Vorstände, Prüfer, die augenscheinlich jahrelang wegschauten bis hin zur allgemeinen Hybris eines immer währenden Wachstumsversprechens. Natürlich ist klar:

Die deutsche Hybris

Fast alle, den Verfasser miteingeschlossen, waren in den vergangenen Jahren stolz auf eine echte Hightech-Story „Made in Germany“ und leider auch zu lange bereit, auf erste Fragezeichen eher abwinkend zu reagieren. Wenn man sich noch daran erinnert, wie die ersten massiven Vorwürfe der Financial Times herauskamen, schaltete wohl fast jeder schon nach dem dritten Satz ab, wenn es sich dann um bilanzielle Feinheiten ging. Schlicht aus dem Grund, dass man insbesondere den deutschen Wirtschaftsprüfern eigentlich fast blindes Vertrauen entgegenbrachte.

Aber der Fall Wirecard hat eben gezeigt, dass dieses Vertrauen, wenn nicht missbraucht, dann zumindest nicht in diesem Umfang gerechtfertigt war. Nun geht es quasi Schlag auf Schlag, Tag für Tag. Immer weitere bekannte oder eher unappetitliche Details der Wirecard-Implosion kommen ans Tageslicht. Ganz frisch:

Wirecard im Kerngeschäft defizitär

Natürlich wieder von der Financial Times. Diese hat am Wochenende einen weiteren Artikel veröffentlicht mit der Grundaussage, dass das Kerngeschäft von Wirecard bereits seit mehreren Jahren in den roten Zahlen gewesen wäre. Dass der Konzern letztlich Jahr für Jahr steigende Gewinne ausweisen konnte, lag hauptsächlich an unter Wirecard-Kontrolle stehenden Gesellschaften in Europa und Amerika. Dabei berufen sich die FT-Journalisten auf Dokumente aus der KPMG-Sonderprüfung.

Exemplarisch steht das Jahr 2018, dem letzten Jahr, wo es eine testierte Bilanz gegeben hatte (wie lange das Testat noch Bestand hat, bleibt abzuwarten). Damals soll Wirecard im Kerngeschäft einen Verlust von 74 Millionen Euro gemacht haben. Im Vorjahr sollen ebenfalls rote Zahlen geschrieben worden sein. Auch hier wieder ein Beispiel für die vermutete bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Denn die von der FT nun präsentierten Unterlagen aus dem KPMG-Sonderbericht sollen in der veröffentlichten Version nicht enthalten gewesen sein.

Auf und nieder….

Die Quittung am Aktienmarkt gibt es natürlich prompt. Heute notiert Wirecard rund 20 % wieder im Minus bei 2,57 Euro. Hier ist letztlich erneut nur unsere Warnung angebracht: Ernsthafte Investoren schauen sich das ganze nur noch von der Seitenlinie aus an. Vergessen Sie jeglichen Bericht über mögliche Assets-Verkäufe. Die Gelder, die dort reinkommen, werden ausschließlich bei den Gläubigern landen. Die Aktie selbst hat aus unserer Sicht null Euro inneren Wert.