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Weekend Call! – Mit Lufthansa, Wirecard, TUI, Carnival und Royal Caribbean, DAX-Entscheid, EZB und Konjunkturdaten

Liebe Börsianer,

nachdem unser abendlicher Marktbericht „Last Call!“ eine erfreulich große Resonanz gefunden hat (vielen Dank dafür), wird es an dieser Stelle nun immer samstags noch mal eine Zusammenfassung der wichtigsten Themen der zurückliegenden Woche geben, aber auch ein Ausblick auf das, was in der nächsten Börsenwoche wichtig werden könnte. Gleich in media res:

Lufthansa über den „Finanz“-Berg?

Das Gesprächsthema der Woche war sicherlich die Deutsche Lufthansa. Wie dieser Stelle schon ausführlich dargestellt, wurde nun wohl ein tragbarer Kompromiss zur Rettung gefunden. Allerdings bleibt es natürlich bei unserer äußerst kritischen Beurteilung der ganzen Causa. Denn man kann es drehen und wenden wie man will: Hier wurde ein hochprofitables Unternehmen durch die Politik an den Rand der Pleite getrieben (im übrigen auch viele andere Unternehmen). Jetzt spielt sich der Staat als Retter auf, will gleichzeitig Mitspracherechte und natürlich eine Rendite für das Rettungspaket. Und da fehlt nur noch die EU-Kommission, die der Lufthansa Flugzeuge inklusive der entsprechenden Start- und Landerechte entreißt, wenn auch wohl eher temporär.

Mit dieser Art Wirtschaftspolitik werden wir nach wie vor nicht unseren Frieden machen. Aber immerhin gibt es dem Markt nun eine gewisse Perspektive und wir haben ja auch schon dargestellt, dass wir für die Aktie der Lufthansa unter den neuen Entwicklungen durchaus ein ordentliches Erholungspotenzial sehen. Deshalb auch unsere Empfehlung, hier wieder einzusteigen.

Wirecard: Muss Braun die BaFin fürchten?

Was ist eigentlich mit dem Schlagzeilen-Star Wirecard passiert? Hier hatte es ja Anfang der Woche so ausgesehen, als wenn der Zahlungsdienstleister erneut das Nachrichten-Tableau bestimmen würde. Dem war überraschenderweise nicht so. Was allerdings nicht heißt, dass Wirecard nun in Ruhe gelassen wird. Denn nach wie vor gilt die Spekulation, ob Vorstandschef und Großaktionär Markus Braun auch über den Dezember hinaus seinen Posten behalten kann.

Angeblich hat der Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann eine Vertragsverlängerung von Braun an Bedingungen geknüpft. So zum Beispiel, dass es keine weiteren Untersuchungen durch die Finanzaufsicht BaFin geben soll. Doch ausgerechnet das könnte nun zum Stolperstein werden. Denn Markus Braun hatte nach entsprechenden Informationen Aktien von Wirecard im Volumen von immerhin rund 2,5 Millionen Euro gekauft.

Solche Insider-Käufe gelten naturgemäß eher als Ausweis, dass die Führung an die Zukunft der Gesellschaft glaubt. Doch die Käufe wurden am 28. Mai abgewickelt. Nun soll der Jahresabschluss, der Anfang der Woche nochmals verschoben wurde, am 18. Juni veröffentlicht werden. das wäre ein Zeitraum kürzer als 30 Tage, wie von der europäischen Marktmissbrauchsverordnung für Insiderverkäufe verlangt. Indes:

Wir glauben jetzt nicht, dass dieser Vorgang Braun im Zweifel das Genick brechen würde. Hier hat es wohl die BaFin darauf abgesehen, ob im Vorfeld der KPMG-Sonderprüfung bzw. bei der Bekanntgabe der Ergebnisse irgendwelcher Ungereimtheiten aufgetreten sind. Sei wie es sei: Die Wirecard-Aktie konnte sich in der zurückliegenden Woche um fast 14 % wieder nach oben verbessern. In charttechnisch sicheren Gefilden ist man damit noch lange nicht. Und selbst dann ändert sich unsere Meinung noch längst nicht, dass wir dieses Unternehmen weiterhin nur für bedingt investiertbar halten.

TUI: Bleibt die Rebound-Chance?

Wir kommen noch einmal dem Sinn nach auf die Lufthansa zurück. Denn in den letzten Tagen gab es am Markt erhebliche neue Bewertungen, was den gesamten Touristiksektor anging. Das betraf einerseits vor allem TUI, die in der Spitze fast 112 % in der Woche zulegen konnte. Dahinter steckt natürlich die Spekulation, dass mit der zunehmenden Öffnung von immer mehr Urlaubsgebieten die Sommersaison zumindest teilweise noch zu retten wäre. Außerdem könnte der Touristik-Konzern womöglich noch eine weitere Staatshilfe in Anspruch nehmen.

Dass es am Ende der Woche kräftige Gewinnmitnahmen gab – geschenkt. Hier geht es letzten Endes immer um die Frage, wie sich denn die mittel- bis langfristigen Perspektiven darstellen. Und hier verschwinden ebenfalls nach und nach die dunklen Wolken. Insofern würden wir davon ausgehen, dass sich auch die Aktie von TUI nach dem Gewinnmitnahmen wieder fängt. Hier ist sicherlich etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Wir hatten schon als mögliches Kauf die 4,85 Euro genannt, die am Freitag auch erreicht wurden. Im schlechtesten Fall wäre sicherlich auch noch mal einen Rückgang in den Bereich von 4 Euro denkbar. Doch das wäre nach der jetzt empfohlenen Einstiegsposition ein weiteres Schnäppchen zum Nachlegen.

Carnival, Royal Caribbean und Co.: Die Perspektive stimmt

Und wir bleiben in Touristiksektor. Denn auch bei den Kreuzfahrtlinien wie Royal Caribbean und Carnival lichten sich nach und nach die Nebel. Wobei natürlich immer darüber spekuliert wird, ob die zwischenzeitlich aufgelaufenen Kursgewinne wieder einkassiert werden können. So gab es in dieser Woche neue Spekulationen,  dass das Management nach Ablauf einer Lock-up-Periode von 60 Tagen, die am 1. Juni endet, nun massiv Aktien verkauft. Können wir ehrlich gesagt nicht glauben.

Vielmehr dürften in den nächsten Wochen weitere Meldung folgen, dass Carnival wie auch Royal Caribbean sich darauf vorbereiten, ihre Reisen wieder aufzunehmen. Carnival selbst hatte ja Anfang August als Zielgröße ausgegeben. Dem wird auch Royal Caribbean im Wesentlichen folgen, insofern bleiben beide Unternehmen für uns äußerst lukrative Turnaround-Storys nach Corona. Das schließt auch Norwegian Cruise Line mit ein, wo wir in der kommenden Woche noch eine detaillierte Analyse veröffentlichen werden.

Der Ausblick auf die kommende Woche:

Am deutschen Aktienmarkt dürfte wohl alles auf den kommenden Donnerstag schauen. Denn dann gibt die Deutsche-Börse-Index Tochter Qontigo bekannt, ob es in den DAX-Indices Veränderungen gibt. Bereits in den vergangenen Wochen wurde heftig darüber spekuliert, ob die Deutsche Lufthansa aufgrund ihres Kurssturzes in den MDAX absteigen muss. Mit den derzeit vorliegenden Daten vom 6. Mai lag die Lufthansa auf Rang 48 nach der Marktkapitalisierung und auf Platz 20 nach den Handelsumsätzen.

Bei der Indexberechnung gibt es die sogenannte Fast-Exit-Regel, nach der ein Unternehmen aus dem DAX geworfen wird, sobald es entweder nach der Marktkapitalisierung oder dem Umsatz nicht mehr unter den 45 größten Unternehmen an der Börse notiert. Das würde in diesem Fall jetzt auf die Lufthansa zutreffen. Als Ersatz für den DAX wird derzeit vor allem die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen gehandelt, die derzeit im MDAX notiert. Indes:

So ganz möchten wir diesen Erwartungen noch nicht über den Weg trauen. Immerhin hat sich der Börsenwert der Lufthansa seit der letzten Ranglisten-Zusammenstellung um knapp 17 % verbessern können. Könnte also gut sein, dass die Index-Berechner hier am Ende doch vor dem Abstieg der Airline zurückschrecken unter der Prämisse, dass man womöglich gleich beim nächsten Überprüfungszeitpunkt die Lufthansa schon wieder rein nehmen müsste. Im übrigen werden auch Änderungen in den anderen Indices wie SDAX und MDAX bekannt gegeben. Allerdings erwarten wir daraus jetzt keine wesentlichen neuen Perspektiven für die betroffenen Aktien. Wenn es soweit ist, werden wir das noch gesondert kommentieren.

Nachzügler im Fokus

Von Seite der Unternehmensberichte gibt es in der kommenden Woche einige Termine, die wir besonders beobachten werden. Das trifft einmal auf den Videokonferenz-Spezialisten Zoom zu, den wir schon Anfang Mai besprochen hatten. Außerdem schauen wir auf den österreichischen Stahlkonzern Voestalpine (Mittwoch) und Broadcom (Donnerstag).

Neben den Unternehmensthemen dürfte auch wieder die europäische Geldpolitik in den Fokus des Marktes rücken. Denn am Donnerstag findet die nächste reguläre Sitzung des EZB-Rates statt. Von Zins-Seite her gibt es hier eigentlich nicht zu erwarten. Eher wird davon ausgegangen, dass das derzeitige Anleihenkaufprogramm namens PEPP, das bereits 750 Milliarden Euro umfasst und bis mindestens Ende des Jahres laufen soll, um weitere 500 Milliarden Euro aufgestockt wird. Manche Marktbeobachter rechnen sogar mit einer Verdopplung auf 1,5 Billionen Euro. Hier dürfte es spannend werden, ob sich dazu noch mal das deutsche Bundesverfassungsgericht äußert, dessen Urteil gegen ein früheres Anleihenkaufprogramm von der EZB ja gerade demonstrativ ignoriert wird.

Von Seiten der Wirtschaftsdaten sollten Anleger am Dienstag auf die Einkaufsmanager-Indices aus Europa inklusive Deutschland achten. Außerdem steht am Mittwoch der Auftragseingang Industrie in den USA auf dem Programm, der nach einem Rückgang in der Vorperiode um 10,4 % im April um weitere 15,1 % gefallen sein soll. Und zum Wochenende warten natürlich wieder die nächsten Arbeitsmarktdaten aus den USA und da könnte es sicherlich spannend werden, ob unsere Annahme, dass es zu einem erheblichen positiven Abbau bei den Arbeitslosenzahlen kommt, auch zutrifft.

In diesem Sinne: Ein schönes Pfingstfest und einen erfolgreichen Start in die neue Börsenwoche.